Matthew B. Crawford stellt Immanuel Kants Metaphysik der Freiheit vor

Immanuel Kant schreibt: „Autonomie des Willens ist die Beschaffenheit, dadurch derselbe ihm selbst ein Gesetz ist. Wenn der Wille in der Beschaffenheit irgendeines seiner Objekte das Gesetz sucht, das ihn bestimmen soll, so kommt jederzeit Heteronomie heraus. Der Wille gibt alsdann nicht sich selbst, sondern das Objekt durch sein Verhältnis zum Willen gibt diesem das Gesetz.“ Voraussetzung für Autonomie ist, dass man von jedem Gegenstand so fern abstrahiert, dass dieser gar keinen Einfluss auf den Willen hat, damit praktische Vernunft nicht fremdes Interesse bloß administriert, sondern bloß ihr eigenes gebietendes Ansehen als oberste Gesetzgebung beweist. Matthew B. Crawford erklärt: „Wir sollten uns vor Augen halten, wie alarmierend die Entwicklungen im 17. Jahrhundert für nachdenkliche Menschen gewesen sein müssen.“ Matthew B. Crawford ist promovierter Philosoph und gelernter Motorradmechaniker.

Immanuel Kant siedelt die Sittlichkeit im Bereich des Idealen an

Die neue Naturwissenschaft lieferte eine mechanistische Erklärung der Natur, und es schien keinen Grund zu geben, den Menschen davon auszunehmen. Die naturalistische Psychologie von Thomas Hobbes und anderen drohte, die menschliche Freiheit der materiellen Kausalität zu unterwerfen. Diese deterministische Einschränkung des „freien Willens“ war ein Problem, das gelöst werden musste. Die Grundlagen der Moral standen auf dem Spiel. In seiner „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ versuchte Immanuel Kant, den freien Willen wieder auf ein solides Fundament zu stellen und aus den natürlichen Zwängen zu lösen.

Matthew B. Crawford stellt fest: „Wie schon der Titel des Werks verrät, versucht Kant nicht, den tatsächlichen Gehalt der sittlichen Prinzipien zu erklären oder gar unsere Verpflichtungen anderen gegenüber zu beschreiben. Es geht im vielmehr um die Frage, was Sittlichkeit ist.“ Er beharrt darauf, dass sie nicht in der Empirie, sondern im Bereich des Idealen angesiedelt ist. Das ist eine unverzichtbare Voraussetzung für moralische Freiheit und ein wichtiges Argument gegen den naturwissenschaftlichen Determinismus.

Immanuel Kant errichtet eine hohe Mauer zwischen der empirischen und geistigen Welt

Aber bei diesem Versuch stellt Immanuel Kant einige sonderbare Behauptungen auf. Damit der Wille frei sein kann, darf ihn das Objekt „durch seine Beziehung zum Willen“ nicht bestimmen. Matthew B. Crawford versteht Immanuel Kant so, dass er über die wechselseitige Anpassung des Menschen und der ihn umgebenden Objekte spricht. Der deutsche Philosoph errichtet eine hohe Mauer zwischen der empirischen und der geistigen Welt, in der der Mensch apriorische moralische Gesetze entdecken kann.

Wenn die Menschen frei sein wollen, so Immanuel Kant, können nur diese Gesetze Beweggründe für ihr Handeln sein, und der Wille darf nicht durch etwas außerhalb dieser Gesetze bedingt werden. Die moderne Vorstellung von den Beziehungen eines Menschen zur Welt außerhalb seines Kopfes fußt auf Immanuel Kants Metaphysik der Freiheit. Die Augenblicke, in denen sich ein Mensch der Welt zuwendet, können von den Augenblicken der moralischen Entscheidung getrennt werden, und Immanuel Kant zufolge hängt die Freiheit des menschlichen Willens tatsächlich davon ab, dass man sie voneinander trennt. Quelle: „Die Wiedergewinnung des Wirklichen“ von Matthew B. Crawford

Von Hans Klumbies