Markus Hengstschläger teilt sein Wissen über die Gene

Für Markus Hengstschläger steht ohne Zweifel fest, dass der Mensch mit all seinen Eigenschaften niemals nur auf seine Gene reduzierbar, sondern ein Produkt der Wechselwirkung zwischen Genetik und Umwelt ist. Der Mensch besitzt etwa 22.500 Gene. Jeder dieser Gene hat man zweimal, einmal von der Mutter und einmal vom Vater. Markus Hengstschläger erklärt: „Im Zuge der sexuellen Fortpflanzung entsteht Individualität der Nachkommen dadurch, dass ja Ihre Mutter und Ihr Vater die beiden Sets an Genen auch von deren Vater und Mutter (je zur Hälfte geerbt haben). Für jedes Gen ist die Frage, welches der beiden (das großväterliche oder großmütterliche) Sie an ihre Nachkommen weitergeben, schon einmal Zufall.“ Mit 16 Jahren war Markus Hengstschläger als Punk unterwegs. Mit 24 Jahren promovierte er zum Doktor der Genetik und 35-jährig zum jüngsten Universitätsprofessor für Medizinische Genetik berufen.

Jeder Mensch hat sein ganz individuelles Genom

Jeder Mensch ist laut Markus Hengstschläger ein zufälliges Gemisch großväterlicher, großmütterlicher, väterlicher und mütterlicher Gene. Der Universitätsprofessor für Medizinische Genetik ergänzt: „Genetische Individualität bildet sich aber auch, weil bei der Entstehung individuellen Lebens durch Verschmelzung von Ei- und Samenzelle (jede bringt ein halbes Set an Genen von der Mutter beziehungsweise dem Vater) noch weitere biochemische Prozesse ablaufen, die für zusätzliche auch zufällige genetische Durchmischung sorgen.“

Und noch einmal zusätzlich treten gemäß Markus Hengstschläger im Zuge der Entstehung individuellen Lebens auch noch genetische Veränderungen, Mutationen genannt, neu und erstmals auf. Markus Hengstschläger ergänzt: „All diese Prozesse sorgen dafür, dass jeder Mensch sein ganz individuelles Genom, seinen ganz individuellen Fingerabdruck hat.“ Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Menschen auf der Erde leben, die zufällig die gleiche Sequenz in ihrer DNA haben, ist seiner Meinung nach praktisch, theoretisch und überhaupt nahezu null.

Zwei beliebige Erbanlagen unterscheiden sich nur etwa um 0,1 Prozent

Jeder Mensch ist also genetisch anders, individuell. Markus Hengstschläger vertritt die These, dass die Individualität jedes Einzelnen durch seine individuelle, nicht kopiengetreu reproduzierbare Umwelt auch noch massiv gesteigert wird. Markus Hengstschläger fügt hinzu: „Genetische Individualität ist viel mehr ein qualitativer Begriff als ein quantitativer. Grundsätzlich verfügt jeder Mensch über die gleichen Gene.“ Es gibt allerdings eine Ausnahme: etwa die Hälfte der Menschen weist kein Y-Chromosom auf, das für die Männlichkeit verantwortlich ist.

Die genetische Individualität steckt in der Sequenz der Gene. Jeder Mensch besitzt laut Markus Hengstschläger mehr oder weniger jedes Gen, aber jeder hat seine individuellen Varianten davon. Die Sequenz der DNA, die genaue Anordnung der Basenpaare ATGC, ist individuell. Markus Hengstschläger ergänzt: „Sie werden jetzt vielleicht erstaunt sein, aber die genetische Individualität des Menschen beträgt nur etwa 0,1 Prozent. Ihre Erbanlagen unterscheiden sich von denen Ihres Nachbarn um nur ungefähr (eben plus/minus) 0,1 Prozent, der Rest ist gleich.“

Von Hans Klumbies