Die Wirtschaftspolitik in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte

Makroökonomie bedeutet die Steuerung der Wirtschaft eines Staates oder einer Region wie der Europäischen Union. Allerdings wird das Thema oft gnadenlos vereinfacht. Für die Anhänger von John Maynard Keynes geht es in der Makroökonomie um die kurzfristige Steuerung der Gesamtnachfrage. Konservative dagegen wollen die Staatverschuldung möglichst niedrig halten. Beide Sichtweisen sind zu sehr auf einen Punkt fixiert. Denn richtig verstanden, sollte sich die Makroökonomie um das wirtschaftliche Wohlergehen der nächsten Generation kümmern. So gesehen ist die deutsche Wirtschaftspolitik nach Meinung vieler Ökonomen gut ausgerichtet, dennoch fehlen ihr einige wichtige Dimensionen. Zuerst einmal konzentriert sich die deutsche Wirtschaftspolitik zu Recht auf Fundamentaldaten. Eine gesunde Wirtschaft hängt vom Fortschritt in der Technik, von der globalen Wettbewerbsfähigkeit, flexiblen Löhnen, einem niedrigen bis mäßigen Schuldenstand sowie von einer niedrigen Inflation ab.

Die Arbeitslosenzahlen sind in Deutschland relativ gering

Weil die Bundesrepublik Deutschland diese Kriterien weitgehend beachtet hat, ist seine Wirtschaft eine Erfolgsgeschichte, seit 2008 und natürlich auch ganz allgemein. Die Arbeitslosenzahlen sind relativ niedrig, die Staatsdefizite moderat, die Löhne hoch und die globale Wettbewerbsfähigkeit stark. Die Behauptung der Keynesianer, Deutschland habe seine niedrige Arbeitslosigkeit mithilfe der Sparpolitik in den Rest Europas „exportiert“ ist nach Ansicht vieler Ökonomen falsch und kurzsichtig. Der Rest Europas agiert, genauso wie Deutschland, in einer Weltwirtschaft.

Deutschland ist, trotz der gemeinsamen Währung des Euros, nicht hauptverantwortlich für die Wettbewerbsprobleme Frankreichs, Spaniens oder Griechenlands. Diesen Ländern steht ebenso wie Deutschland die ganze Welt mit 90 Billionen Dollar Kaufkraft für ihre Exporte zur Verfügung. Deren relativ hohe Arbeitslosenzahlen und der Mangel an internationaler Wettbewerbsfähigkeit sind überwiegend selbstverschuldet. Zum Teil ist der jüngste wirtschaftliche Erfolg Deutschlands darauf zurückzuführen, dass es den globalen Einbruch der Wirtschaft von 2009 und 2010 ohne wesentlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit durchstehen konnte.

Der Rückgang an Investitionen ist in Deutschland besorgniserregend

Dennoch könnte Deutschland, ebenso wie andere Staaten in der Welt, mehr tun. Erstens könnte das Land die Investitionen dort erhöhen, wo sie wirklich gebraucht werden. Zweitens könnte es als Kreditgeber weitsichtiger handeln. Drittens könnte es mehr tun, um Europas Institutionen und seine Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Volkswirtschaften haben vor allem Erfolg durch Investitionen in Qualifikation, Technik, Infrastruktur und Unternehmenskapital. In dieser Hinsicht ist der Rückgang der Investitionen in Deutschland und der Europäischen Union besorgniserregend.

Der Wirtschaftsprofessor und Direktor des Earth Institutes an der Columbia University New York fürchtet, dass dieser Rückgang etwas mit einem Mangel an politischer Führung zu tun hat. Deutschland, die Europäische Union und die USA stehen seiner Meinung nach vor drängenden Aufgaben: „Sie müssen eine kohlendioxidarme und rohstoffeffektive Infrastruktur entwickeln, die es ermöglicht, den hohen Lebensstandard mit nachhaltigem Umweltschutz zu verbinden.“ Doch das geschieht viel zu wenig. Denn im Namen einer verantwortungsbewussten Haushaltsführung werden öffentliche Investitionen beschnitten oder verschoben, um die Staatsschulden gering zu halten. Quelle: Süddeutsche Zeitung

Von Hans Klumbies