Skeptiker werden von ihren Mitmenschen oft negativ bewertet

Pyrrhon aus dem griechischen Elis (ca. 360 – 270 v. Chr.) und seine Nachfolger professionalisieren das Zweifeln zur grundsätzlichen Skepsis, bei der heute ein deutlich negativer Beiklang mitschwingt. Ludger Pfeil nennt den Grund: „Der Skeptiker steht in unserer Welt der Effizienzanbetung, in der dem schnellen Entscheiden und Handeln gehuldigt wird, im Generalverdacht, zu lange zu zögern und damit den ganzen Betrieb aufzuhalten.“ Nicht wirklich zu Recht, denn aus eigener Erfahrung kann man wie die alten Griechen wissen: Die Dinge sind in Wirklichkeit nicht unbedingt so, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Vieles nickt man leichtfertig ab, weil es die anderen behaupten, weil die Gewohnheit dazu verleitet oder schlicht weil es so in den eigenen Kram passt. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

Man sollte sich vorschneller Urteile enthalten

Paradoxerweise glauben viele Menschen sogar Nachrichten über potentielle Katastrophen oder Berichte über angebliche Wunder. Manchmal deshalb, weil sie so spektakulär sind, dass man sie vor lauter Staunen gar nicht mehr in Zweifel zieht. Ludger Pfeil stellt fest: „Mit unserer reflexartigen Einschätzung und Bewertung sind wir zu überhastet und ziehen voreilige Schlüsse, die uns unnötige Sorgen bereiten oder uns zu unangemessenen Aktivismus treiben können.“ Selbst in scheinbar zu sofortigen Handeln drängenden Krisensituationen wäre man oft besser beraten, intellektuelle Zurückhaltung zu üben und sich vorschneller Urteile zu enthalten.

Statt gleich zu allem Stellung zu beziehen, sucht der pyrrhonische Skeptiker zunächst einmal die Begründung des Behaupteten mit allerlei eigens dafür entwickelten dialektischen Techniken zu unterminieren. Er zeigt, dass sich bei allen Thesen ebenso gute Gründe für das Gegenteil finden lassen, wenn man nur intensiv danach sucht. Er prüft, ob man sich nicht auf Voraussetzungen beruft, die sich bei näherem Hinsehen als unbewiesen erweisen, und fragt es einmal, warum eine Aussage oder ihre Begründung stimmen sollte.

Die Enthaltung vom eigenen Urteilen führt zur Seelenruhe

Die antiken Skeptiker sammelten systematisch Argumente für den Zweifel und Techniken des Hinterfragens. Subjektivität und Relativität aller Urteile gehören dazu. So ist zum Beispiel die Verträglichkeit und Wirksamkeit von Medikamenten von der Konstitution des Einzelnen abhängig. Was dem Gesunden schadet, kann einem Kranken nützen. Das lässt sich auch auf anderen Gebieten beobachten. Auch die Vorschriften der gesellschaftlichen Moral sind folgerichtig alles andere als einheitlich und unwidersprochen.

Am Ende steht bei den antiken Skeptikern das erklärte Ziel, die prinzipielle Unentscheidbarkeit jeglicher Aussagen aufzuzeigen. Die daraus folgende Enthaltung vom eigenen Urteilen soll laut Pyrrhon zur Seelenruhe führen, weil man die Nutzlosigkeit seines Grübelns einsieht und es dabei belässt. Alles, was an angeratener Vorsicht in die Wissenschaften eingegangen ist, verdankt die Menschheit letztlich den antiken Skeptikern und ihren Gesinnungsgenossen. Quelle: „Du lebst, was du denkst“ von Ludger Pfeil

Von Hans Klumbies