Lady Gaga ist der erfolgreichste Popstar der Gegenwart

Keine jüngere Popkünstlerin unserer Zeit hat in einem Jahr mehr verdient als Lady Gaga. Laut dem Wirtschaftsmagazin Forbes hat sie zwischen Juni 2012 und 2013 rund 80 Millionen Dollar eingenommen. Seit sie zwei Kunststars als Helfer bei ihren Inszenierungen hat, redet sie in Interviews immer häufiger über den Begriff der Kunstreligion. Lady Gaga sagt: „Was ich von Jeff Koons und Marina Abramović gelernt habe, ist, dass Kunst für manche für uns Gott ist. Man erschafft sich seinen eigenen Glauben. Man bringt etwas zur Welt, das mehr bedeutet als alles andere um einen herum. Wie ist es nur möglich, dass man etwas mit seinen eigenen Händen und Ideen erschafft, das so groß ist und das man anfassen kann? Aber niemand traut sich das. Es wäre ja auch ein Sakrileg. Es wäre grundfalsch, eine Skulptur von Jeff Koons anzufassen.“  

Auch hinter der CD „Artpop“ verbirgt sich natürlich ein Konzept

Jeff Koons hat das Cover ihrer neuen CD „Artpop“ gestaltet, die am 8. November erschienen ist. Immer wieder wird Lady Gaga vorgeworfen, bei anderen Sänger und Sängerinnen abgekupfert und Ideen geklaut zu haben. Sie antwortet auf diese Kritik wie folgt: „Seit Beginn meiner Karriere hat man mir das mit der Originalität um die Ohren gehauen. Ich bin 27 Jahre alt. Ich bin sehr jung. Und es ist doch ziemlich normal für einen jungen Künstler, andere nachzuahmen. So finden wir uns doch selbst. Wenn man auf der Suche ist, muss man lernen und aufsaugen, was es gibt, um dann in der Lage zu sein, damit an die Grenze zu gehen.“

Die vielen Theorien, die es inzwischen zum Phänomen Lady Gaga gibt, kennt der Popstar nicht. Sie hat nicht die Zeit, sich damit zu beschäftigen. Sie konzentriert sich allein darauf, dass nichts die Reinheit ihres Werkes stört. Auch hinter der CD „Artpop“ verbirgt sich natürlich ein Konzept. Es geht ihr im Ende darum, den Prozess umzukehren, den Andy Warhol eingeleitet hat, als er Tomatendosen zu Kunst erklärte. Das hat dazu geführt, dass jetzt Tomatendosen mit der Kunst von Andy Warhol werben.

Lady Gaga hat sich selbst aus dem Popstar-Käfig entlassen

Ihre CD „Artpop“ ist der Versuch, Kunst wieder immun zu machen gegen Vereinnahmung und Banalisierung, ohne sie gleichzeitig, als Lebenspraxis für elitär zu erklären. Lady Gaga ist davon begeistert, dass zwei der erfolgreichsten Künstler der Gegenwart, nämlich Jeff Koons und Marina Abramović, sie unter ihre Fittiche genommen und gleichzeitig zur Kunst erhoben haben. Sie beschreibt die Begegnung mit den beiden Kunststars mit folgenden Worten: „Es war, als hätte ich mich selbst aus dem Käfig entlassen, ein Popstar sein zu müssen. Ich muss gar nichts sein. Ich muss mich nicht verändern und ständig erneuern.“

Auf die Frage, welche Rolle die Musik bei dem allen noch spielt, antwortet Lady Gaga: „Ich hatte längst mit der neuen Platte angefangen, als ich die beiden traf. Eigentlich ist die Platte ein exaktes Abbild des Arbeitsprozesses. Wie schaffe ich es, habe ich mich gefragt, dass die Songs sich für Sie beim Hören genauso anfühlen, wie ich mich fühle, wenn ich mit Jeff Koons arbeite? Das hat mich ziemlich verrückt gemacht. Da waren viel Alkohol und Drogen im Spiel. Ich habe im Studio oft vor den Lautsprecherboxen gesessen, so wie Jeff Koons auf seinen „Gazing Ball“ starrt, als sei es das Zentrum unseres Universums. Genauso habe ich vor den Boxen gesessen und die Bässe überdreht, habe herumprobiert mit den Frequenzen, damit sich die Musik dreidimensional anfühlt in einer Welt, die flach geworden ist.“ Quelle: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

Von Hans Klumbies