Klaus Hurrelmann erforscht die Befindlichkeiten der Jugend

Der 71-Jährige Klaus Hurrelmann reist durch Deutschland, um den Menschen ihren Nachwuchs zu erklären. Er ist der bekannteste Jugendforscher der Republik und seine Ansichten sind gefragter denn je. Der Soziologe Klaus Hurrelmann ist Fachmann für Bildungsthemen – Pädagogikstudenten müssen zum Beispiel seine Modelle für ihre Prüfungen lernen. Der Bildungsexperte ist Mitherausgeber der Shell-Jugendstudie, die im Auftrag des Mineralölkonzerns seit 1953 alle paar Jahre die deutsche Jugend durchleuchtet. Außerdem ist er mitverantwortlich für eine Finanzstudie über die Alterssicherung junger Leute und für eine Ausbildungsstudie im Auftrag von McDonald´s. Daneben ist Klaus Hurrelmann einer von acht Wissenschaftlern im Expertenbeirat Demografie, der sich dreimal im Jahr mit Innenminister Thomas de Maizière trifft, um ihn bei der Lösung eines der größten Probleme Deutschlands zu beraten – die Überalterung der Gesellschaft.

Jugendliche sind wie eine Weinrebe

Klaus Hurrelmann erforscht die Generation der 15- bis 30-Jährigen, die er unter dem Begriff „Generation Y“ zusammengefasst hat. Ganz allgemein sagt der Soziologe über seine Forschungsobjekte folgendes: „Jugendliche sind wie eine Weinrebe. Wie sie sich entwickeln, hängt von äußeren Bedingungen ab. Vom Boden, vom Wetter, von der Pflege.“ Nach seinem Modell löst alle 15 Jahre eine Generation die vorhergehende ab. Klaus Hurrelmann erklärt: „Es klingt willkürlich, hat sich aber über die Jahrzehnte so bestätigt.“

Die äußeren Bedingungen in der Welt ändern sich seiner Meinung alle 15 Jahre so stark, dass man es den Menschen anmerkt, die darin aufgewachsen sind. Für Klaus Hurrelmann hat deshalb jede Generation bestimmte Stärken, Schwächen, Ängste und Komplexe. Zum Beispiel die Generation der Kriegskinder, die zwischen 1925 und 1940 geboren wurden: „Tief skeptisch, verunsichert, der Krieg, die Not.“ Oder die 68er, geboren zwischen 1940 und 1955: „Angriffslustig, rebellisch, mit Hang zum Pathos.“

Statussymbole sind der Generation Y egal

Es folgen die Babyboomer, Jahrgang 1955 bis 1970: „Zum ersten Mal materiell gesichert, deshalb interessiert an anderen Dingen, zum Beispiel Umweltschutz. Eine sehr fleißige Generation!“ Danach kommt die Generation X, geboren zwischen 1970 und 1985: „Deutlich kleiner, verwöhnt, gelangweilt, orientierungslos.“ Vor einigen Jahren hat Klaus Hurrelmann die darauf folgende Generation Y, geboren zwischen 1985 und 2000, einmal „Ego-Taktiker“ genannt.“ Auf Kritik erwidert der Soziologe, dass natürlich jeder Mensch anders sei.

Klaus Hurrelmann fügt allerdings hinzu: „Aber die äußeren Bedingungen prägen alle Mitglieder einer Gesellschaft gleich. Und junge, unfertige Leute saugen das mit hypersensiblen Sinnen auf. Deshalb sieht man an ihnen alle Entwicklungen einer Gesellschaft zuerst.“ Die Generation Y ist vor allem durch vier Faktoren geprägt: Die digitalen Medien, den 11. September 2001, Umweltkatastrophen und die Wirtschaftskrise. Statussymbole dagegen sind der Generation Y egal. Wie übrigens auch: Macht um der Macht willen. Klaus Hurrelmann ergänzt: „Hierarchien gegenüber sind diese Leute völlig blind.“ Quelle: Süddeutsche Zeitung