Burn-out ist eine Störung des ganzen Menschen

Sind die Deutschen ein Volk der Erschöpften? Brennt gerade eine ganze Gesellschaft aus? Kaum etwas beherrscht seit Jahren die Management-Presse und Vorträge für Führungskräfte stärker als das Thema Burn-out. Es gibt spezielle Therapieangebote und längst haben sich Kurkliniken und Rehaeinrichtungen darauf eingestellt. Der Begriff Burn-out meint nichts anderes, als dass die Batterie leer ist. Besser als „Nervenzusammenbruch“ klingt er allemal. Klaus Biedermann stellt fest: „Mehr als die Hälfte der Beschäftigten klagt über Termin- und Leistungsdruck, jeder Fünfte der befragten Arbeitnehmer fühlt sich überfordert.“ Burn-out ist keine Infektionskrankheit, die mit plötzlichem hohen Fieber und einem schlimmen Ausschlag beginnt. Es handelt sich vielmehr um eine Störung des ganzen Menschen. Dr. phil. Klaus Biedermann leitet seit mehr als 30 Jahren Selbsterfahrungskurse und Burn-In-Seminare in seiner Sommerakademie auf der Insel Korfu.

Motivieren kann man sich nur selbst

Klaus Biedermann bezeichnet Burn-out als ein Art fortschreitenden „Krebs des Motivations- und Sinnsystems“, der sich schleichend entwickelt und oft lange unbemerkt oder fehlinterpretiert und von den Betroffenen oftmals hartnäckig ignoriert wird. Die Zahl der Krankschreibungen mit der Diagnose Burn-out stieg allein in den Jahren 2004 bis 2011 um das 1400-Fache. Ein paar Wochen Kur, aus der man als derselbe Mensch herauskommt, als der man hineingegangen ist, oder auch erhöhte Medikation führten zu nichts; das sind die falschen Stellschrauben.

Wer gelernt hat, dass sich sein Wert als Person aus seinen Leistungen speist, und dies verinnerlicht hat, bietet mit diesem Stück seines Weltbildes ein weites Feld für weitere Burn-out begünstigende Faktoren. Bekannt ist dagegen, dass Menschen, die ihren Beruf als Berufung erleben, hohen Anforderungen viel besser standhalten. Der sogenannte „Sinn im Leben“ hat eine immens hohe Bedeutung. Wer einen Sinn in seiner Arbeit gefunden hat, braucht keinen Motivationscoach. Motivieren kann man sich ohnehin nur selbst.

Ohne „Sinn im Leben“ kann man nicht gesund bleiben

Motivation, die von außen kommt, ist dagegen nur von kurzer Dauer. Klaus Biedermann erklärt: „Dass man ohne diesen „Sinn im Leben“ nicht gesund bleiben kann, hat die medizinische Forschung längst herausgefunden.“ Einer der Lehrer von Klaus Biedermann meinte einmal etwas provokant, Urlaub sei nur etwas für Leute, die ihre Arbeit nicht mögen. Der Burn-out-Experte rät: „Entfernen Sie das „Müssen“ aus Ihrem Leben, und erlauben Sie sich, für das bezahlt zu werden, was Ihnen Freude macht.“

Von diesem Moment an hat man nämlich bezahlten Urlaub. Das wird einen Menschen erfüllen und erfolgreich machen, weil er das, was er gerne tut, selbstverständlich auch gut macht. Und für das, was man gut macht, wird man auch gut bezahlt. Etwas zu tun, was nicht die eigene Berufung ist, ist schädlich. Wer den Job gefunden hat, den er liebt, braucht nie mehr zu arbeiten. Robert Frost hat einmal gesagt: „Im Wald zwei Wege boten sich mir dar und ich wählte den, der weniger betreten war. Das veränderte mein Leben.“ Quelle: „Burn-In statt Burn-Out“ von Klaus Biedermann

Von Hans Klumbies