Karlheinz A. Geißler hat die Zeit zu seinem Lebensthema gemacht

In dem neuen Buch von Karlheinz A. Geißler mit dem Titel „Enthetzt Euch!“ geht es um die Zeit, und wenn es um die Zeit geht, handelt sein Werk von nichts Geringerem als vom Leben selbst und von dem, was die Welt im Innersten zusammenhält. Alle Menschen sind ihr ganzes Leben lang Zwangsabonnenten der Zeit. Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das Zeit spart. In Europa und Nordamerika ist dies sogar zu einem Volkssport geworden. Karlheinz A. Geißler schreibt: „Für nichts anderes nimmt man sich soviel Zeit wie fürs Zeitsparen, das die Gegenwart einer Zukunft opfert, die nie wirklich eintritt.“ Professor Dr. Karlheinz A. Geißler lehrt, lebt und schreibt in München. Eine der amüsantesten Erfindungen der Menschheit, die Zeit, hat er zu seinem Lebensthema gemacht.

Die Zeit hat weder eine Lösung noch ein Ziel

Zu den ältesten und allergrößten Rätseln der Menschheit zählt laut Karlheinz A. Geißler die Zeit. Über 3.000 Jahre stellt sie sich schon die Frage, wer die Zeit wohl sei. Doch die Frage „Was ist Zeit?“ ist bis heute nicht allgemein gültig beantwortet. Karlheinz A. Geißler fügt hinzu: „Außerdem existiert bisher keine einheitliche, umfassende Theorie „der“ Zeit, zumal es berechtigte Zweifel gibt, ob es eine solche überhaupt geben kann.“ Er schlägt vor zu akzeptieren, dass die Zeit, wie das Leben ja auch, weder eine Lösung noch ein Ziel hat und dass sie beides nicht braucht.

Karlheinz A. Geißler verweist in seinem Buch „Enthetzt Euch!“ auch auf den Sachverhalt, dass der Mensch die Zeit nicht hat, sondern die Zeit ist. Zeit ist für den Autor die Bewegung des Lebens selbst. Er schreibt: „Nicht die Zeiten sind gut oder schlecht, wir, die Menschen sind es.“ Die wahre Zeit ist für Karlheinz A. Geißler die persönliche, die subjektive Zeit, nicht die, die man am Handgelenk mit sich herumträgt. Mit den Uhren blicken die Menschen auf die Zeit, mit der subjektiven Zeit, ihren Erfahrungen mit der Zeit, sind sie in ihr und mit ihr verbunden.

Gesparte Zeit sollte nicht in neue Beschleunigung investiert werden

Im letzten Kapitel macht Karlheinz A. Geißler zehn Angebote zum Zeit-leben. Im ersten rät er, nicht eine Zeit zu leben, sondern viele Zeiten. Alles hat seine Zeit, ein jedes seine eigene. Der Autor schreibt: „Es sind die unterschiedlichen Zeitqualitäten, die unseren Zeiterfahrungen und Zeiterlebnissen ihre je spezifische Farbe und ihre besondere Qualität verleihen.“ Diese Zeitvielfalt gilt es zu entdecken, zu erspüren, anzuerkennen, zuweilen auch zu beeinflussen und mit den eigenen Zielen und Bedürfnissen an Zeit in Einklang zu bringen.

Im achten Angebot fordert Karlheinz A. Geißler seine Leser auf, nicht alle gesparte Zeit in neue Beschleunigung zu investieren. Er zitiert die Klage Goethes: „Wir wollen alle Tage sparen, und brauchen alle Tage mehr“, die längst von vielen Menschen wiederholt wird. Ob im Arbeitsleben oder im Privatbereich, nirgends sind Spuren von der gewonnenen Zeit zu entdecken. Alle technischen Errungenschaften, die großartige Zeitsparerfolge versprochen haben, haben eher zum Gegenteil geführt. Sie haben nur dazu geführt, dass die Menschen heute noch mehr eilen, noch schneller arbeiten, als sie es jemals zuvor getan haben. Darüber sollte man nachdenken!

Enthetzt Euch!
Weniger Tempo – mehr Zeit
Karlheinz A. Geißler
Verlag: Hirzel
Gebundene Ausgabe: 246 Seiten, Auflage: 2012
ISBN: 978-3-7776-2267-5,  19,80 Euro
Von Hans Klumbies