John Cowper Powys denkt über das Gewissen nach

John Cowper Powys ist der Meinung, dass sich das Gewissen energisch zu Wort meldet, sobald ein Mensch in Beziehung zu anderen Menschen tritt. Wenn der Mensch allein ist, droht er der Selbstzerstörung zu erliegen. Obwohl die Autorität des Gewissens tief im Herzen des Menschen verwurzelt, ziehen sie es nicht zu Rate, wenn sie unglücklich sind, während sie es auf anderen Gebieten des Lebens ständig befragen. Meyers Online-Lexikon definiert das Gewissen „als Urteilsbasis zur (zweifelsfreien) Begründung der allgemeinen persönlichen moralischen Überzeugungen und Normen. Die Inhalte des Gewissens werden vom Normenkanon der jeweiligen Kultur und Gesellschaft sowie von den individuellen moralischen Überzeugungen geprägt.“

Das Gewissen kann wachsen oder verkümmern

Das Gewissen zwingt den Menschen laut John Cowper Powys sich ständig anzustrengen, um seine Arbeit zu schaffen, den Mitmenschen gegenüber anständig zu sein, nicht grausam, habgierig und faul zu werden, weder zu lügen noch zu betrügen. Das Gewissen will den Menschen zwingen, sich aufzuraffen und aus dem Zentrum seines Seins heraus ein reiches und intensives Leben zu führen.

John Cowper Powys vertritt die These, dass das Gewissen genauso wächst wie andere lebendige Dinge, und wie sie kann es dahinwelken und verkümmern. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie die Magie des Lebens zerstört werden kann. Erstens durch eine tyrannische Macht von außen und zweitens durch Selbsthass, der die Seele des Menschen an der Wurzel schwächt. In der Schwermut des Menschen liegt für John Cowper Powys eine boshafte und zerstörerische Genugtuung. Es ist eine dunkle, negative Art der Befriedigung.

Das Drama des Lebens spielt sich im Kopf ab

Im Gewissen erkennt John Cowper Powys den Torwächter vor der belagerten Festung der Seele des Menschen. Wenn es ein Mensch als sein Schicksal betrachtet unglücklich zu sein, so hat sich schon ein Verräter eingeschlichen und die Heimtücke lauert hinter den Festungsmauern. Ein Gewissen, das sich angesichts der Kapitulation vor dem Unglück nicht energisch zu Wort meldet, ist ein vom Bösen beherrschtes Gewissen. Jeder der sich Mühe gibt, glücklich zu sein, trägt zur Erschaffung der Welt bei, jeder, der sich dagegen der düsteren Stimmung des Selbsthasses hingibt, trägt zu ihrer Zerstörung bei.

Jedes Mal, wenn sich ein Mensch dazu aufrafft, tief in seinem Innersten glücklich zu sein, macht er sich zu einem Verbündeten der Schöpfung im Kampf gegen die Zerstörung. Der Mensch ruft sich laut John Cowper Powys die Tatsache nicht deutlich genug ins Bewusstsein, dass sich das ganze Drama des Lebens in seinem Kopf abspielt und völlig unabhängig vom äußeren Tun und von äußeren Ereignissen ist. Der Verstand des Menschen ist für John Cowper Powys das Wunder aller Wunder, der Gott der Götter.

Kurzbiographie: John Cowper Powys

John Cowper Powys wurde 1872 in Shirley/ Derbyshire geboren. Als er 26 Jahre alt war, begann er im Auftrag der Oxford University Extension durch England zu reisen, um Vorträge über Literatur und Philosophie zu halten. Im Jahre 1904 siedelte er in die USA um und lebte dort bis 1934. In diesem Jahr kehrte er die britische Heimat zurück und ließ sich in Nordwales nieder.

John Cowper Powys wurde 92 Jahre alt und hinterließ ein Lebenswerk, das fast dreißig philosophische und literaturkritische Essays, zahlreiche Romane und Kurzgeschichten, Gedichtbände, Tagebücher und Briefwechsel umfasst. Bei Zweitausendeins sind unter anderem folgende seiner Werke erschienen: „Die Kunst des Glücklichseins“, „Die Kunst des Älterwerdens“ und „Die Verteidigung der Sinnlichkeit“.

Von Hans Klumbies