Jens Weidmann kann noch keine Krise des Papiergeldes erkennen

Bundesbank-Chef Jens Weidmann glaubt, dass sich die Krise in Europa im Augenblick etwas beruhigt zu haben scheint. Er erkennt Fortschritte bei den Reformen, schränkt allerdings ein, dass die Ursachen noch lange nicht alle beseitigt sind. Jens Weidmann war stets dagegen, dass die Europäische Zentralbank Anleihen von Krisenstaaten kauft, da er für eine saubere Trennung von Geld- und Fiskalpolitik eintritt. Jens Weidmann erklärt: „Ich befürchte, dass der Reformeifer erlahmt, wenn immer wieder die Geldpolitik zur Problemlösung bereitsteht.“ Aus seiner Sicht liegt der Kern der Krise in den europäischen Peripherieländern. Dort kam es zu einer übermäßigen Anstieg der privaten Verschuldung, eine viel zu hohe Staatsverschuldung sowie einen Mangel an Wettbewerbsfähigkeit. Dadurch kommen Zweifel auf, ob diese Länder ihre Schulden selbst schultern werden können.

Für Mario Draghi sind Refomen in den Krisenländern von entscheidender Bedeutung

Jens Weidmann vertritt die Überzeugung, dass Spanien seine Schulden bedienen und seine Wirtschaft reformieren kann. Es gehört seiner Meinung aber auch zum Kern des Maastricht-Vertrages, dass die Euroländer ihre Finanzpolitik selbst verantworten und dem Urteil der Märkte aussetzen. Jens Weidmann fügt hinzu: „Wenn wir Zahlungsunfähigkeit künftig generell ausschließen, untergräbt dies den Anreiz, solide zu wirtschaften.“ Bei der Diskussion über die Anleihekäufe wird häufig übersehen, dass Jens Weidmann in vielen anderen Fällen mit Mario Draghi, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank, übereinstimmt.

Selbst Mario Draghi betont immer wieder, dass die Reformen in den Krisenländern das Entscheidende sind und die Geldpolitik kein Wundermittel ist. Jens Weidmann befürchtet bei den Anleihekäufen stabilitätspolitische Risiken und eine Vermischung von Geld- und Finanzpolitik. Jens Weidmann fordert: „Das Eurosystem sollte nicht umfassend staatliche Solvenzrisiken vergemeinschaften und sich in die Nähe zur monetären Staatsfinanzierung begeben.“

Die Notenbanken dürfen keinen Zweifel an ihrer Stabilitätsorientierung aufkommen lassen

Wenn die Menschen einmal zu fürchten beginnen, dass die Notenbanken Haushaltsdefizite mit der Notenpresse finanzieren, ist laut Jens Weidmann ihre Glaubwürdigkeit als Hüter der Geldwertstabilität schnell dahin. Den Vergleich mit anderen Notenbanken, wie etwa der Bank of England, die ebenfalls Staatsanleihen kauft, lässt der Bundesbank-Chef nicht gelten. Denn diese Notenbanken kaufen Staatsanleihen sehr guter Bonität, um den risikofreien Zins in ihrem Land zu beeinflussen. Das kann seiner Meinung nach durchaus ein Instrument der Geldpolitik sein.

Jens Weidmann weist darauf hin, dass die Europäische Zentralbank dagegen keine risikoarmen „Euroland-Anleihen“ kauft, weil es diese gar nicht gibt. Der Chef der Deutschen Bundesbank ergänzt: „ Sondern sie kauft Anleihen der Einzelstaaten einer Währungsunion, und zwar eben gerade nicht die mit der höchsten Bonität.“ Eine Krise des Papiergeldes kann Jens Weidmann nicht erkennen. Aber Papiergeld beruht auf Vertrauen. Deshalb dürfen die Notenbanken laut Jens Weidmann nicht den geringsten Zweifel an ihrer Stabilitätsorientierung aufkommen lassen.

Von Hans Klumbies