Der Konsum verspricht nur ein kurzfristiges Glück

Die meisten Menschen haben zu viel und wollen dennoch noch immer mehr. Besonders in der Zeit vor Weihnachten steigt das Bedürfnis nach Konsum und materiellen Gütern sehr stark an. Der deutsche Sozialpsychologe Jens Förster erklärt in seinem neuen Buch „Was das Haben mit dem Sein macht“, warum Besitz Sicherheit vermittelt und viele Menschen zu selten über ihre Vorstellung von Glücklichsein nachdenken. Jens Förster bestätigt zwar, dass „Haben“ unter bestimmten Umständen glücklich machen kann. Aber es ist nur ein kurzfristiges Glück. Jens Förster erläutert: „Aber wir dürfen nicht vergessen, dass Seinszustände, also in die Natur gehen, ein schönes Abendessen genießen oder, wenn wir etwa religiös sind und in die Kirche gehen, nachhaltiger, preisgünstiger sind und uns längerfristig Glück versprechen.“ Jens Förster war von 2007 bis 2014 Professor für Psychologie in Amsterdam und Direktor des Kurt-Lewin-Instituts. Seit 2014 unterrichtet er an der Universität Bochum.

Ein Waldspaziergang ist nachhaltiger als jedes Computerspiel

Viele Menschen haben vergessen, dass es andere Möglichkeiten als Konsum und Besitzstreben gibt, um ein zufriedenes und glückliches Leben zu führen. Die Art, wie wir unsere Stimmung regulieren, funktioniert so, dass wir uns einen Coffee-to-go leisten oder in ein Kaufhaus gehen und was Kleines kaufen. Das ist möglich, weil sehr viele Menschen im Grunde wohlhabend sind. Und gerne vergisst man, dass man dabei der Umwelt nichts Gutes tut und auch nicht den Arbeitern, die diese Ware billig produzieren oder den Tieren, die dafür gelitten haben.

Auf die Frage, woher das Bedürfnis kommt, etwas haben zu wollen, antwortet Jens Förster: „In der Entwicklungspsychologie sagt man, dass Kinder erst mit Objekten spielen müssen, um den Unterschied zwischen sich selbst und Dingen zu erkennen.“ Wenn Eltern ein schlechtes Gewissen haben, weil sie zu wenig Zeit für ihre Kinder haben, kaufen sie ihnen etwas oder setzen sie vor den Fernseher oder ein iPad. Das ist ein Automatismus, der immer wieder einsetzt. Mit Kindern Zeit zu verbringen, in den Wald zu gehen oder ein Märchen zu erzählen ist nachhaltiger als jedes Computerspiel.

Die Vorweihnachtszeit verursacht den größten Stress

Studien zeigen, dass die Anzahl der Seiten, die einem Kind vorgelesen werden, sich auf die Intelligenz auswirken. Das Verhältnis zum Besitz verändert sich im Laufe des Lebens immer wieder: Kleinkinder verlieren schnell das Interesse, spielen lieber draußen. Jens Förster ergänzt: „In der Pubertät wollen sie wieder viel haben, da spielen Kleidung und Elektronik eine große Rolle.“ Viele Eltern unterstützen das Konsumieren, denn wer kein Handy hat, wird schnell gemobbt. Das zeit laut Jens Förster die Kraft der Gesellschaft, die dem Einzelnen bestimmte Zwänge auferlegt.

Auf die Frage, warum sich viele Menschen so sehr über Güter definierten, antwortet Jens Förster: „Es ist ein Unterschied, ob man etwas hat, um sich selbst zu verwirklichen. Ein Violinist braucht eine gute Violine. Aber wenn man in einen Automatismus kommt, dass man haben will, um noch mehr zu haben, besteht die Gefahr, dass das unbefriedigend wird. Nach oben gibt es kein Limit.“ Vor allem, der Konsum, bei dem man sich mit anderen vergleicht, macht unglücklich. Viele Menschen werden auch unglücklich, wenn sie an Weihnachten denken, denn die Zeit vor Weihnachten verursacht den größten Stress. Quelle: Kurier

Von Hans Klumbies