Finanzkrisen werden durch exzessive Verschuldung ausgelöst

Seit drei Jahrzehnten hilft Jeffrey Sachs, Direktor des Earth Institute an der Columbia-Universität New York, Ländern, Finanzkrisen zu überwinden. Jeffrey Sachs ist zudem Sonderberater des UN-Generalsekretärs für die Millennium-Entwicklungsziele. In allen diesen Finanzkrisen gibt es ein inhärentes Ungleichgewicht zwischen mächtigem Gläubiger und verletzlichem Schuldner. Jeffrey Sachs behauptet: „Erfolgreiches Krisenmanagement hängt daher von der Weisheit des Gläubigers ab. Aus diesem Grund bitte ich Deutschland dringend, seine Haltung gegenüber Griechenland zu überdenken – Griechenland, Deutschland und Europa zuliebe.“ Finanzkrisen werden durch exzessive Verschuldung ausgelöst. Die Ursache ist meist eine Mischung aus miserablen Management, Euphorie, Korruption im Schuldnerland und Fehlurteilen von Gläubigerbanken. Griechenland passt genau in dieses Schema. Das Land hatte im Jahr 2001, als es dem Euro beitrat, eine Staatsverschuldung von 99 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Kredite schaffen ein falsches Gefühl von Prosperität

Zwischen den Jahren 2000 und 2008 bekam Griechenland als Euro-Mitglied sehr günstig Geld, die Staatsschulden stiegen auf 109 Prozent. Jeffrey Sachs erklärt: „So ein Kreditboom schafft ein falsches Gefühl von Prosperität – falsch, weil der Wohlstand vom kontinuierlichen Zufluss von Kapital abhängt. Wenn der Kreditfluss stoppt, und er stoppt normalerweise abrupt, fällt das Schuldnerland in einen scharfe Rezession.“ Im Falle Griechenlands stoppte der Kreditfluss mit der globalen Finanzkrise im Jahr 2008.

Bis 2011 schrumpfte das BIP in Griechenland um 18 Prozent, die Arbeitslosigkeit stieg von acht auf 18 Prozent. Der scharfe Rückgang der Wirtschaftsleistung hat für Jeffrey Sachs zwei Ursachen: „Einmal ist es die Kürzung der Staatsausgaben, zum Zweiten bedrohen der Produktionsrückgang und der Stopp ausländischer Kredite den Bankensektor.“ Die Banken verlieren ihre Kreditlinien bei ausländischen Instituten, Sparer aus dem Inland ziehen ihre Guthaben ab. Das zwingt die Banken, ihr Kreditportfolio zusammenzustreichen.

Europas Politik gegenüber Griechenland ist unprofessionell

Jeffrey Sachs erläutert: „Normalerweise überwinden Volkswirtschaften eine Schuldenkrise, indem sie den Gürtel enger schnallen, die Staatsausgaben kürzen und mehr exportieren. Das erlaubt es, die Auslandsschulden zu bedienen. Wenn die Exporte stark und schnell genug steigen, wird der Rückgang der heimischen Nachfrage ausgeglichen, die Wirtschaft kann wieder wachsen. Spanien, Irland und Portugal schafften das, Griechenland schaffte es nicht.“ Auch als die Nachfrage im Inland einbrach, legten die Exporte Griechenlands nicht zu, sie gingen im Gegenteil sogar zurück.

Die Politik der von Deutschland geführten EU-Partner gegenüber Griechenland war aus der Sicht von Jeffrey Sachs unprofessionell und unklug, geprägt von Vorurteilen und zunehmend auch von dem Bedürfnis, Athen zu bestrafen. Jeffrey Sachs kritisiert: „Die Lösung der wahren Probleme stand nie im Mittelpunkt. Die Strategie der Gläubiger läuft bis heute darauf hinaus, durch neue Darlehen Griechenland in die Lage zu versetzen, Zins und Tilgung zahlen zu können.“ Auch der neue rund 80 Milliarden Euro schwere Kredit dient allein dazu, Griechenland in die Lage zu versetzen, Schulden zurückzuzahlen. Quelle: Süddeutsche Zeitung

Von Hans Klumbies