Vermögenspreisblasen und riesige Schulden bedrohen Europa

Seit Anfang Juli 2014 ist Isabel Schnabel offiziell Mitglied der fünf Wirtschaftsweisen, als einzige Frau des Quintetts. In der 50jährigen Geschichte des Sachverständigenrates der Bundesrepublik ist sie erst die dritte Frau in diesem Gremium. Das liegt ihrer Meinung daran, dass der Sachverständigenrat seinen Nachwuchs nur aus der Professorenschaft rekrutieren kann: „Und da gibt es zu wenige Frauen, die infrage kommen. In den Wirtschaftswissenschaften gibt es zwar viele Studentinnen und Doktorandinnen, aber dann kommt der große Knick.“ Isabel Schnabel hat in ihrer Karriere allerdings nicht erlebt, dass Männernetzwerke für Frauen geschlossen blieben, da die Mechanismen in diesem Bereich viel subtiler ablaufen. Isabel Schnabel ist Finanzökonomin und lehrt seit 2009 an der Universität Mainz. Zuvor hat sie unter anderem an der US-Universität Harvard und am Max-Planck-Institut für Gemeinschaftsgüter in Bonn geforscht.

Mit der Gleichstellung im Wissenschaftsbetrieb ist es nicht weit her

Isabel Schnabel wurde in wissenschaftlichen Netzwerken immer mit offenen Armen empfangen. Aber man muss diese Netzwerke pflegen und ist viel auf Reisen unterwegs. Isabel Schnabel knüpfte ihre Kontakte schon früh, während der Dissertation, auf die sie später zurückgreifen konnte. Aber es gab auch Jahre, in denen sie kaum gereist ist. Dabei merkte sie, wie schnell man in Vergessenheit geraten kann. Früher dachte Isabel Schnabel, dass eine Frauenquote überflüssig sei. Inzwischen hat sie ihre Meinung aber geändert und den Eindruck gewonnen, dass es mit der Gleichstellung im Wissenschaftsbetrieb nicht weit her ist.

Die Wirtschaftsweise erklärt: „Es ist längst noch nicht so, dass Frauen bei gleicher Eignung bevorzugt werden. Natürlich will niemand unterqualifizierte Personen in Führungspositionen. Aber mal ehrlich: Es gibt genügen unfähige Männer in Spitzenpositionen, da verkraften wir auch ein paar Frauen.“ Wenn es eine Frauenquote gäbe, würden sich die Universitäten stärker bemühen, qualifizierte Nachwuchswissenschaftlerinnen hervorzubringen. Deutschland braucht Frauen als Vorbilder für die jüngeren Frauen.

Die Geldpolitik kann keine Strukturreformen ersetzen

Die aktuelle Entwicklung an den Immobilienmärkten betrachtet Isabel Schnabel mit Sorge. Allerdings ist ihrer Meinung nach die Lage in Deutschland noch relativ harmlos, wenn man sie mit anderen Länder wie etwa Großbritannien vergleicht. Es kommt vor allem darauf an, wie Immobilien finanziert werden. Wenn Reiche Zweitimmobilien kaufen und eine Blase platzt, dann haben ein paar Millionäre Geld verloren. Das ist für die Gesamtwirtschaft relativ unbedeutend. Wenn hingegen die Immobilien über Kredite finanziert worden sind, dann kann das Platzen einer Blase zum Problem für das gesamte Finanzsystem werden.

Die Geldpolitik kann laut Isabel Schnabel keine Strukturreformen ersetzen. Die Finanzökonomin fügt hinzu: „Wenn die Politik nicht reagiert, ist die Geldpolitik langfristig wirkungslos. Die aktuelle Debatte über die Lockerung des Stabilitätspakts ist beunruhigend.“ Isabel Schnabel ist eine Anhängerin von Haushaltsdisziplin. Denn die laxe Haushaltspolitik war einer der Gründe, weshalb es zur Euro-Krise kam. Die Lage hat sich in Europa zwar entspannt, aber die Krise ist noch nicht überstanden. Isabel Schnabel benennt als Erbe der Krise Vermögenspreisblasen und riesige Schuldenberge. Beide sind für Europa eine große Bedrohung. Quelle: Süddeutsche Zeitung

Von Hans Klumbies