Leistungsdruck und Lebensgenuss passen zusammen

Wer Kinder und Jugendliche in Deutschland nach ihrem Lebensgefühl befragt, bekommt laut Inge Kloepfer deren geballte Energie zu spüren. Sie sagt: „Leistungsdruck und Lebensfreude passen offenbar viel besser zusammen, als die immer wieder emotional aufgeheizten Debatten über Deutschlands angeblich so überforderte Kinder glauben lassen.“ Inge Kloepfer vertritt die These, dass die Jugendlichen längst begriffen haben, was viele Erwachsene in Zweifel ziehen, dass das Leben vor allem dann Spaß macht, wenn man Erfolg hat. Und die Kinder und Jugendlichen wissen scheinbar ganz genau, dass sie ohne große Anstrengung den Ansporn ihrer Eltern dieses Ziel nicht erreichen werden. Inge Kloepfer hat zusammen mit ihrer Tochter Isabel das Buch „Glucken, Drachen, Rabenmütter. Wie junge Menschen erzogen werden wollen.“ beim Verlag Hoffmann und Campe veröffentlicht.

Die Eltern sollen ihrem Nachwuchs die natürliche Faulheit austreiben

Inge Kloepfer fand durch die Befragung von Jugendlichen und Kindern verblüffendes heraus: vor allem unter Leistungsdruck stehender Nachwuchs, der von den Eltern unaufhörlich angetrieben wird, genießen ihr Leben in ganz besonderer Weise. Diese Erfahrung wollen sie an die nächste Generation weitergeben. Inge Kloepfer sagt: „Ihren eigenen Kindern würden sie später sogar noch mehr abverlangen. Ganz nach der Devise: Noch mehr ist möglich. Und ihren Eltern gaben sie für ihren Einsatz Bestnoten.“

Laut Inge Kloepfer wollen viele Jugendliche in Deutschland gefördert, motiviert, unterstützt, ermutigt und angetrieben werden. Scheinbar brauchen sie den Druck der Eltern, um nicht in eine unproduktive Lethargie zu verfallen, sich auf Partys herumzutreiben oder im Internet ihre Zeit zu vergeuden. Inge Kloepfer sagt: „Sie wollen, dass sie ihnen ihre natürliche Faulheit austreiben.“ Von der zum Teil hohen Leistungserwartung ihrer Eltern fühlen sich diese Jugendlichen und Kinder ihrer Meinung nach kaum belastet.

Erfolg und Anerkennung machen Kinder und Jugendliche glücklich

Inge Kloepfer glaubt, dass Kinder und Jugendliche den Leistungsdruck und Herausforderungen wollen. Wahrscheinlich viel mehr als Erziehungswissenschaftler besorgten Eltern einreden wollen. Diese Vertreter pädagogischen Zunft predigen Gelassenheit und Liebe und versuchen den Erwachsenen ihren Förderwahn auszutreiben. Inge Kloepfer formuliert die Bedürfnisse der jungen Generation dagegen wie folgt: „Sie brauche Erfolg und Anerkennung, um glücklich zu sein, weil für Lebensfreude beides eben doch eine wichtige Rolle spielt.“

Noch etwas Verblüffendes hat Inge Kloepfer bei den Recherchen zu ihrem Buch festgestellt. Sie erklärt: „Die hohe Erwartung und den damit verbundenen Antriebs- und Kontrollwahn, den viele Eltern an den Tag legen und für den sie öffentlich so häufig mit Spott überzogen werden, nehmen ihnen ihre Kinder überhaupt nicht übel.“ Schon gar nicht fühlen sie sich zur Projektionsfläche von Eltern degradiert, die von übermäßigem Ehrgeiz angetrieben werden. Ganz im Gegenteil: Diese Kinder und Jugendlichen sind unglaublich gut auf ihre Eltern zu sprechen.

Von Hans Klumbies