In Deutschland fehlt eine moderne Zuwanderungspolitik

Regelmäßig klagen die deutschen Unternehmen über den Mangel an Fachkräften. Die Manager fordern von der Politik eine moderne Zuwanderungspolitik. Denn noch immer sind am Industriestandort qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland nur bedingt erwünscht. Doch mit dieser Haltung könnte sich Deutschland seiner Zukunft berauben. Denn in einer Wissensgesellschaft sind gut ausgebildete Fachkräfte das wichtigste Kapital und zugleich eine immer knapper werdende Ressource. Während andere Länder schon seit längerer Zeit um Experten aus aller Welt mit allen Bandagen kämpfen, schreckt Deutschland hochqualifizierte Arbeitnehmer eher ab. Doch der demografische Wandel, die Erfordernisse der Industrie und der Globalisierung machen ein neues und modernes Zuwanderungsgesetz für die Bundesrepublik Deutschland unumgänglich.

Aus Deutschland ist ein Auswanderungsland geworden

Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) schätzt, dass aufgrund des Fachkräftemangels in Deutschland schon jetzt jedes Jahr 20 Milliarden Euro an Wohlstand verloren gehen. Den Ernst der Bedrohung des demografischen Wandels scheinen viele Politiker noch nicht begriffen zu haben. Schon ab dem Jahr 2015, wenn die ersten so genannten „Babyboomer“ in den Ruhestand gehen, werden in Deutschland wahrscheinlich mehr Menschen aus dem Arbeitsprozess ausscheiden als junge Arbeitnehmer dazukommen.

Heute leben in Deutschland rund 44,5 Millionen Menschen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen können. Ohne Zuwanderung werden es in vierzig Jahren nur noch etwa 26 Millionen sein. Herbert Brücker vom Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sagt: „Man braucht die Zuwanderung und die Geburten bei Zugewanderten schon heute, um den Trend zumindest zu dämpfen.“ Davon kann in Deutschland allerdings überhaupt nicht die Rede sein. Deutschland hat sich von einem Einwanderungs- in ein Auswanderungsland verwandelt. Im Jahr 2008 zogen 56.000 Menschen mehr aus Deutschland weg als einwanderten.

Deutschland braucht feste Einwanderungskontingente

Laut Herbert Brücker, schafft es Deutschland nicht, wie Kanada, die USA, Australien oder Neuseeland, die Einwanderung gezielt zu steuern. Im Vergleich zu anderen OECD-Staaten hat Deutschland wesentlich mehr schlechtqualifizierte Einwanderer. Einige Migrationsexperten und Juristen sind der Meinung, dass eine moderne Zuwanderungspolitik gar nicht so schwer umzusetzen wäre.

Grundlegend müssten sich die Politik und die Gesellschaft darüber einigen, Einwanderung für erwünscht und auf Dauer angelegt, zu erklären. Eine neue Zuwanderungspolitik braucht feste Kontingente und klare Anforderungen an die Einwanderer. Es muss den ausländischen Fachkräften erleichtert werden, ihre Studien- und Berufsabschlüsse in Deutschland anerkennen zu lassen.

Bei qualifizierter Zuwanderung sinkt die Arbeitslosigkeit sogar

Vom Gesetzgeber ist ein einheitliches Einwanderungsrecht gefordert. Auch den Familienangehörigen der Einwanderer muss der deutsche Staat eine faire Zukunftsperspektive bieten. Migranten und ihre Kinder, die bereits in Deutschland leben, brauchen eine bessere Förderung. Außerdem muss die deutsche Regierung und die Wirtschaft viel stärker im Ausland für das Einwanderungsland Deutschland werben.

Es ist ein großer Fehler zu glauben, dass eine gesteuerte Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes für ausländische Experten die einheimischen Arbeitnehmer automatisch benachteiligen würde. Studien des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) belegen das Gegenteil. Herbert Brücker sagt: „Die Arbeitslosigkeit steigt nicht durch Zuwanderung, bei qualifizierter Zuwanderung sinkt sie sogar.“

Von Hans Klumbies