In der Rolle des „Tramp“ erlangte Charlie Chaplin Weltruhm

Er ist die berühmteste Figur, die je für das Kino geschaffen wurde. Doch der „Tramp“ war nicht, wie man meinen könnte, das Ergebnis langer Planungen. Der gegen eine feindliche Umwelt kämpfende Vagabund entstand innerhalb kürzester Zeit, indem der damals noch unbekannte Charlie Chaplin in einem Hollywoodstudio ein paar zufällig gefundene Kleidungsstücke und Requisiten für Dreharbeiten verwendete. Dies geschah vor hundert Jahren. Damals schuf er den „Tramp“, jenen Landstreicher, der mit den Manieren und der Würde eines Gentleman auftritt. David Robinson beschreibt in seiner Biografie über Charlie Chaplin, aus welchen Bestandteilen sich das Kostüm des „Tramps“ zusammensetzte: „Charlie lieh sich Fatty Arbuckles riesigen Hosen aus, dazu die Jacke des winzigen Charles Avery, Fred Sterlings Schuhe Größe 48, eine zu kleine Melone, die Arbuckles Schwiegervater gehörte und einen Schnurrbart, der für Mark Swain bestimmt war.“

Der „Tramp“ hat immer Sehnsucht nach Romantik und Abenteuer

Charlie Chaplin beschreibt in seinen eigenen Memoiren auf unnachahmliche Art und Weise, wie er dem Studioboss den Charakter des eben erfundenen „Tramp“ erklärt: „Wissen Sie, dieser Bursche ist sehr vielseitig. Er ist Vagabund, Dichter, Träumer, ein einsamer Bursche. Immer hofft er, es möge ihm etwas Romantisches und Abenteuerliches begegnen. Er möchte die Menschen glauben machen, er sei ein Wissenschaftler, ein Musiker, ein Herzog oder Polospieler. Und dabei ist er imstande, weggeworfene Zigarettenstummel aufzuheben und einem Säugling einen Lutscher wegzunehmen.“

Charlie Chaplin erzählt seinem Studioboss noch, dass der „Tramp“ wenn es die Gelegenheit verlangt, sogar einer Dame einen Tritt in den Allerwertesten versetzen wird. Der „Tramp“ revolutionierte den Film in Hollywood, denn es erwies sich als völlig innovatives Stilelement, wie der schüchterne kleine Vagabund ganz allein gegen Polizisten und Bösewichte, gegen Dummheit und Vorurteil den Kampf aufnimmt. Charlie Chaplin wurde zum Don Quichotte des 21. Jahrhunderts, als er im Film „Charlie als Soldat“ die Fronten verwechselt und so die Sinnlosigkeit des Krieges aufzeigt.

Charlie Chaplin lockte mit jedem seiner Filme bis zu 300 Millionen Menschen in die Kinos

Charlie Chaplin trat rund in der Hälfte seiner neunzig, später auch abendfüllenden Filmen als „Tramp“ auf und lockte mit jedem einzelnen weltweit bis zu 300 Millionen Menschen in die Kinos. Doch auch als der Tonfilm längst eingeführt war, drehte Charlie Chaplin seine Filme immer noch stumm, da er den Charakter der Figur nicht verändern wollte. In Hollywood war Charlie Chaplin nicht besonders beliebt. Vor allem mit seinen Frauenaffären sorgte er immer wieder für böses Blut.

In der Ära McCarthy wurde er als Kommunist gebrandmarkt, obwohl er einer der reichsten Kinostars seiner Zeit war. Ihm wurde vorgeworfen, in seinen Filmen die amerikanische Moral untergraben zu haben. Als der deshalb im Jahr 1952 nicht mehr in die USA einreisen durfte, übersiedelte er in die Schweiz. Doch trotz aller Skandale, Affären und Verleumdungen ist Charlie Chaplin zur größten Filmlegende aller Zeiten geworden. Als er im Jahr 1977 starb, hinterließ er seiner Ehefrau Oona und seinen zehn Kindern ein Vermögen von 100 Millionen Dollar und die Aufführungsrechte seiner Filme von unschätzbarem Wert.

Kurzbiographie: Charlie Chaplin

Charles Spencer Chaplin wurde am 16. April 1889 als Sohn eines Artistenpaares in einem Londoner Elendsviertel geboren. Schon im Alter von fünf Jahren hat Charlie Chaplin erste Auftritte in Londoner Kneipen, später in Music Halls. Als 12-Jähriger ist er in ersten Theaterrollen zu sehen. Im Januar 1914 erfindet er bei Dreharbeiten in Hollywood die Figur des „Tramp“. In dieser Rolle gelangt Charlie Chaplin Weltruhm. Der „Tramp“ wurde zur unsterblichen Kultfigur.

Zu seinen berühmtesten Filmen zählen „The Kid“ (1920), „Goldrausch“ (1925), „Lichter der Großstadt“ (1931), „Moderne Zeiten“ (1936), „Der große Diktator“ (1940) sowie „Rampenlicht“ (1952). Charlie Chaplin, der mit drei Oscars ausgezeichnet und von der Queen 1975 geadelt wurde, starb am 25. Dezember 1977 im Alter von 88 Jahren in Vevey in der Schweiz. Quelle: Kurier

Von Hans Klumbies