Künstliche Intelligenzen studieren durch Sprachtraining den Menschen

Derzeit beschäftigt sich die Künstliche Intelligenz (KI) besonders intensiv mit Romanen und anderen menschlichen Texten. Holger Volland kennt den Grund dafür: „Je mehr Wissen die Maschinen über unsere Kultur sammeln, je besser sie wissen, was uns antreibt und abschreckt, je mehr die Maschinen also den Kern unserer menschlichen Persönlichkeit kennen, desto effizienter können sie für uns tätig werden. Man könnte auch behaupten, durch das Sprachtraining studieren uns die Künstlichen Intelligenzen.“ Nicht anders als die Europäer es getan haben, als sie einst unbekannte Länder und Völker entdeckt haben, sich deren Sprache aneigneten und fremde Symbole entschlüsselten. Sie haben die Sagen und das Wissen der Völker studiert, um dann mit ihnen Handelt treiben oder ihre Ressourcen anzapfen zu können. Der Informationswissenschaftler Holger Volland lehrte an der Hochschule Wismar Gestaltung und kuratierte große Ausstellungen der Gegenwartskunst in Argentinien und Deutschland.

Nur das menschliche Gehirn versteht die Welt wirklich

Die Kommunikation in der gleichen Sprache ist eine Grundvoraussetzung für Geschäfte. In der Geschäftswellt der baldigen Zukunft wird demnach nicht das Unternehmen am erfolgreichsten sein, das den größten Maschinenpark vorhält, sondern das, welches die klügste Künstliche Intelligenz besitzt. Holger Volland weiß: „Schon heute hat der Kampf unter den großen amerikanischen und chinesischen Technologiekonzernen darum begonnen, wer das meiste Wissen über die Menschheit bereithält, um dieses für alle Arten von Anwendungen zu nutzen.“

Und jedes Aneignen von menschlicher Kreativität dient letztlich auch dem Ziel, die Denkweise der Künstlichen Intelligenz menschlicher werden zu lassen. Simon Stringer, der Leiter des Zentrums für Neurowissenschaften und Künstliche Intelligenz an der Universität von Oxford, klärt auf: „Das bisher einzige System, das wirklich die Welt versteht, ist unser Gehirn.“ Er ist deshalb überzeugt davon, dass KI nur dann die breit angelegte Intelligenz eines Menschen erreichen kann, wenn sie vorher die Art des menschlichen Denkens kopieren kann.

Computer könnten in Zukunft eine Art Bewusstsein entwickeln

Simon Stringer ist sich außerdem sicher, dass mit der Erreichung dieser Schwelle auch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Computer eine Art Bewusstsein und sogar Gefühle entwickeln. Holger Volland ergänzt: „Die Computer beschäftigen sich also derzeit so intensiv mit unserer Sprache, weil unsere Texte so viel darüber verraten, wie wir Menschen ticken und was uns antreibt.“ Der berühmte Ausspruch von argentinischen Schriftstellers Jorge Luis Borges gilt auch hier: „Lesen ist Denken mit fremden Gehirn.“

Dieses Wissen wird dafür sorgen, dass vor allem die großen Technologieunternehmen große Teile des Lebens der Menschen künftig noch intensiver begleiten und gestalten werden. Holger Volland blickt in die Zukunft: „Wir werden die Steuerung großer Teile unseres Leben an Firmen übergeben, und wir werden für diese Leistungen bezahlen.“ Jeder wird das irgendwann einmal tun, weil es bequem ist oder weil die Produkte einen wirklichen Vorteil versprechen oder einfach, weil es alle tun. Quelle: „Die kreative Macht der Maschinen“ von Holger Volland

Von Hans Klumbies