Herta Müller erhält 2009 den Literaturnobelpreis

Herta Müller schreibt Sätze, die ihre Leser zwingen, die Luft anzuhalten. Sie beschreibt in ihren Büchern eine Welt, in der die Diktatur herrscht und in der die Menschen von der Demokratie träumen. Weltberühmt wurde die Schriftstellerin, als ihr 2009 der Literaturnobelpreis verliehen wurde. Dennoch blieb die aufrechte Frau bescheiden und sagte: „Ich werde mich doch jetzt nicht ändern, nur weil ich den Nobelpreis bekommen habe!“ Ihr ganzes Werk ist ein andauernder Kampf gegen Täuschungen. Sie wehrt sich mit ihren Werken gegen die Verdrehungen der Wahrheit und gegen die politischen Unterdrückungen, die das Leben eines Menschen zur Hölle machen können.

Die Diktatur in Rumänien ist das Thema der Schriftstellerin Herta Müller

Herta Müllers erstes Buch erschien 1984 in Deutschland mit dem Titel „Niederungen“. Schon hier dreht sich ihr Schreiben wie auch in den Büchern, die dem ersten folgen werden, um die Diktatur in Rumänien, dem Land, in dem sie aufgewachsen war. Indem sie den Diktator Nicolae Ceauşescu beschrieb, öffnete sie die dunkelsten Nischen der Menschenverachtung. Die Politik des Diktators zielte auf die Zersetzung und Zerstörung von Lebensplanung und jeglicher Form des persönlichen Glücks.

Die Autorin ist geprägt von ihrem Entsetzen, in Rumänien ohne Intimbereich leben zu müssen, da hinter jeder Ecke der Verrat oder eine Kamera lauert. Der Verrat einer Freundschaft ist in Herta Müllers Augen gängige Praxis, um die Menschen in einer Diktatur zu erniedrigen. Vielleicht sind Herta Müllers Sätze deswegen oft so brutal, so frei ohne Rücksicht und Mitleid, weil sie die Brutalität, die Mitleidslosigkeit und die Rücksichtslosigkeit der Diktatur in Rumänen am eigenen Leib verspürt hat.

Der Zwang des Schreiben

Schreiben ist für Herta Müller ein fundamentales Bedürfnis, das sie immer dann befällt, wenn sie nichts mehr anderes tun kann. Dann erträgt sie ihre Sinne, ihr Nachdenken nicht mehr. Es ist dann alles so kompliziert geworden, dass sie nicht mehr weiß wo die äußere Welt anfängt und das innere Universum aufhört. Ihre Gedichte entstehen aus Collagen. Sie schneidet Wörter aus, die sie beeindrucken und stellt sie in einen neuen Zusammenhang. Dann heißt es beispielsweise: „mein Mann Demokrazi mit Doppelkinn, meine Tochter, die wird Sängerin.“

Größten Wert legt die Literaturnobelpreisträgerin auf die Bildfähigkeit ihrer Sprache. Eines ihrer bekanntesten Bücher ist die „Atemschaukel“. Der Roman beschreibt fünf Jahre Zwangsarbeit des rumäniendeutschen Lyrikers Oskar Pastior, zu denen er zwischen 1945 und 1950 verurteilt gewesen war. Aber das Buch geht über das Beispiel weit hinaus und ist eine Metapher für das Böse in der Welt und erzählt vom Mut vom Widerstandsgeist des Menschen, sich gegen das Böse zu stellen.

Kurzbiographie: Herta Müller

Herta Müller wurde am 17. August 1953 in Nitzkydorf, im rumänischen Banat geboren. Ihre Eltern gehörten der Deutsch sprechenden Minderheit an. In Temeswar ging sie zur Schule und besuchte dort auch anschließend die Universität. Als Übersetzerin durfte sie nicht mehr arbeiten, nachdem sie sich geweigert hatte, für den rumänischen Geheimdienst Securitate tätig zu werden.

Ihr erstes Buch, „Niederungen“, konnte 1984 in Deutschland erscheinen, weil sie den Text in den freien Westen schmuggeln ließ. Drei Jahre später reiste Herta Müller nach Deutschland aus, wo sie seither in Berlin lebt. Weitere bedeutende Romane der Schriftstellerin sind „Der Fuchs war damals schon der Jäger“ und „Herztier“. 1994 erhielt Herta Müller den Kleist-Preis, ein Jahr später den Europäischen Literaturpreis Prix Aristeion und 2009 den Literaturnobelpreis.

Von Hans Klumbies