Hermann Hesse liebt das Wort Glück seit Knabentagen

Für Hermann Hesse ist der Mensch mit einem Organ für das Schöne geboren, das ihm die Fähigkeit verleiht, sich an Dingen zu freuen, auch wenn sie ihm nicht nützen. An der Freude des Menschen am Schönen sind seiner Meinung nach stets der Geist und die Sinne im gleichen Maß beteiligt. Solange die Menschen dazu fähig sind, sich mitten in den Drangsalen und Gefährdungen ihres Lebens, sich an scheinbar Nebensächlichem zu erfreuen, wird er seinem Dasein immer wieder einen Sinn zuschreiben können. Hermann Hesse zählt zu diesen Dingen beispielsweise ein Farbenspiel in der Natur, das Kopfdrehen einer spielenden jungen Katze oder das Variationenspiel einer Sonate.

Das Wort Glück ist voller Urzauber und Sinnlichkeit

Unter den Wörtern gibt es für Hermann Hesse für jeden Sprechenden Lieblinge und Fremde und in Ausnahmefällen festliche, die man, so sehr man sie liebt, nur mit Bedacht und Schonung, mit der dem Festlichen würdigen Seltenheit und Auserwähltheit sagt und schreibt. Hermann Hesse schreibt: „Zu ihnen gehört für mich das Wort Glück. Es ist eins von den Wörtern, die ich immer geliebt und gern gehört habe.“ Es bedeutet für ihn etwas Schönes, etwas Gutes und Wünschenswertes.

Laut Hermann Hesse besitzt das Wort Glück, trotz seiner Kürze, etwas erstaunlich Schweres und Volles, etwas, was an Gold erinnert. Es ist für ihn ein Wort des Lachend und des Weinens, ein Wort voller Urzauber und Sinnlichkeit. Hermann Hesse preist: „Wie gut, wie glücklich, wie tröstlich, dass es solche Wörter gab! Ohne sie zu leben und zu denken, wäre Welke und Verödung, wäre wie Leben ohne Brot und Wein, ohne Lachen oder Musik.“ Auch im fortgeschrittenen Alter liebt Hermann Hesse das Wort Glück, wie er es schon als Knabe geliebt hat.

Die Bedeutung des Glücks

Über die Bedeutung des magischen Symbols des Glücks war sich Hermann Hesse lange nicht im Klaren. Er erklärt: „Bis weit über die Mitte meines Lebens hinaus nahm ich es ungeprüft und folgsam hin, dass im Munde der Leute Glück etwas zwar Positives und unbedingt Wertvolles, im Grunde aber doch Banales bedeute.“ Bei dem Wort Glück denkt Hermann Hesse in dieser Phase seines Lebens vor allem an eine gute Karriere, eine harmonische Ehe und an Reichtum, der immer volle Truhen garantiert.

Diese Meinung hat Hermann Hesse hinter sich gelassen. Unter Glück versteht er jetzt etwas ganz Objektives, nämlich die Ganzheit selbst, das zeitlose Sein, die ewige Musik der Welt, das, was andere etwa die Harmonie der Sphären oder das Lächeln Gottes genannt haben. Hermann Hesse schreibt: „Dieser Inbegriff, diese unendliche Musik, diese voll tönende und vollkommene Gegenwart, sie kennt keine Zeit, keine Geschichten, kein Vorher, kein Nachher.“

Von Hans Klumbies