Traumatisierungen entstehen durch emotional nicht anwesende Eltern

Eine Gruppentherapie hilft vor allem bei Angsterkrankungen, sozialer Phobie, Schizophrenie und Persönlichkeitsstörungen, so eine Analyse der Universität Jena. Sie ist nicht nur wirksam in mancherlei Fällen, sondern auch kostengünstiger im Vergleich zu Einzeltherapien. Und sie hilft mehreren Menschen gleichzeitig – in Zeiten von knappen Therapieplätzen ist die Gruppentherapie unter Umständen eine sinnvolle Alternative. Bei zugelassenen Therapeuten übernehmen die Kassen die Kosten grundsätzlich genauso wie für die Einzeltherapie. Alle Menschen brauchen eine Verbindung zu anderen Menschen. Ohne sie kann man nicht leben. Aber viele haben damit Probleme wie beispielsweise Beziehungen zu führen, in Kontakt mit anderen zu treten – das fällt ihnen schwer. Oder sie haben nie gelernt, sich selbst wahrzunehmen. Etwa zu fühlen, wie sich Wut von Trauer unterscheidet. Sie haben vielleicht nie gelernt, Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken. Sie haben nie erfahren, wie wichtig diese sind.

Rund 20 Prozent der Patienten habe psychosomatische Beschwerden

Hier setzen Gruppentherapien an. Sie ermöglichen den Kontakt mit Personen, die ebenfalls Schwierigkeiten haben. Therapeuten verorten die Ursache für viele Probleme in Kindheitserfahrungen, die sich ungünstig auf die Entwicklung der Gefühlswelt und der sozialen Fähigkeiten auswirken. Dr. Joram Ronel von der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Klinikum der Technischen Universität München nennt als Hauptgrund für Traumatisierungen emotional nicht anwesende Eltern.

In schlimmen Fällen haben Eltern ihre Kinder geschlagen oder missbraucht. Emotional abwesend sind auch Eltern, die ihre Kinder vernachlässigen und sich nicht um deren Bedürfnisse kümmern. Daraus können viele Krankheitsbilder entstehen. Viele Menschen haben psychosomatische Beschwerden, Schmerzen, die Ärzte keiner körperlichen Ursache zuordnen können. Rund 20 Prozent der Patienten beim Hausarzt kommen wegen derartiger Probleme. Auch Angststörungen und Suchtverhalten treten häufig auf.

In einer Gruppentherapie müssen bestimmte Regeln beachtet werden

Joram Ronel erklärt: „Dahinter steckt die menschliche Bedürftigkeit, die wir alle in uns tragen: Ich brauche dich, weil ich sonst alleine bin.“ Schon das auszusprechen, fällt vielen Menschen schwer. Wer an einer Gruppentherapie teilnimmt, wird spüren, welche Dynamik dabei entsteht. Patienten erleben, wie sie nach außen wirken. Und sie hören von Ängsten und Unzulänglichkeiten anderer Menschen. Zu sehen, dass diese mit ähnlichen Problemen kämpfen wie sie selbst, sich so im Gegenüber zu erkennen – das kann heilsam sein.

Einer der Gründungsväter der Gruppentherapie, der amerikanische Psychoanalytiker Irvin Yalom, erläutert: „Das Gefühl der Therapie ist: Willkommen in der Menschheit.“ In Gruppen können Patienten vielfältig in Kontakt mit anderen treten. Sie sitzen nicht nur einem Menschen, dem Therapeuten, gegenüber. Zudem finden die Begegnungen in einem geschützten Raum statt. Wer teilnimmt, muss Regeln beachten. So darf zum Beispiel nichts, was in der Gruppe besprochen wird, nach außen dringen. Quelle: Apotheken Umschau

Von Hans Klumbies