Greta Taubert hat einen Konsumstreik als Selbstversuch gemacht

Die Leipziger Autorin Greta Taubert hat ein Jahr lang so gelebt, als wäre die Wirtschaft völlig zum Erliegen gekommen. Sie züchtete Pilze, aß Blätter und lebte in einer Waldhütte. Was sie am Beginn ihres Experiments nicht ahnen konnte, dass sie dabei die rettende Kraft der Gemeinschaft entdecken würde. Bei der Vorstellung, die nächsten zwölf Monate nicht mehr einkaufen zu gehen, war Greta Taubert anfangs ziemlich mulmig zumute. Die verschiedenen Strategien, die sie dabei entwickelte, hat sie nun in dem Buch „Apokalypse jetzt – wie ich mich auf eine neue Gesellschaft vorbereite“ im Eichborn Verlag veröffentlicht. Ihr erster Gedanke für den Katastrophenfall: Lebensmittel horten. Wie das funktioniert und was ein Erwachsener braucht, um zu überleben, kann man auf der Internetseite des Bundesamtes für Verbraucherschutz mit Hilfe eines „Vorratskalkulators“ berechnen.

Greta Taubert ernährte sich von wilden Pflanzen und Pilzen

Greta Taubert bestellte bei einem Spezialversand für Survival-Produkte in der Schweiz eine sehr teure Großpackung Notnahrung. Damit konnte sie die ersten zwei Wochen locker überleben. Die Konserven und verschiedenen Pulver sollten nur einen Übergang zum eigentlichen Selbstversuch darstellen, der Beschaffung von allem, was man zum Leben braucht, ohne dafür Geld auszugeben. Wenn sie sehr hungrig war, aß Greta Taubert in der Folgezeit zum Beispiel Lindenblätter und verzehrte Platterbsen, Frauenmantel, Spitzwegerich und wilden Schnittlauch.

Eigentlich hatte sich Greta Taubert  vorgenommen, währen des Selbstversuchs nicht auf Fleisch zu verzichten, aber nur von Tieren, die sie selbst getötet hatte. Das Kapitel mit der Jagd beendete sie aber sehr schnell, nachdem sie einen ergebnislosen Ausflug mit einem Stadtjäger unternommen hatte. Erfolgreicher war sie beim Sammeln von Pilzen. Greta Taubert erklärt: „Man kann das ganze Jahr über essbare Pilze finden, auch in der Stadt. Man muss sich nur ein bisschen auskennen.“ Zusätzlich begann sie zu Hause im Keller und auf dem Balkon Pilze zu züchten.

Eine sozialere Gesellschaft kann sich nur durch den Verzicht auf Egoismus entwickeln

Ihre Versorgungslage besserte sich entscheidend, als Greta Taubert begann, im Hinterhof Karotten, Mangold und Salat anzubauen. Die Ernte reichte allerdings nicht aus, um täglich satt zu werden. Deshalb gründete sie eine Initiative, bei der sich 30 Menschen ein Gemeinschaftsfeld außerhalb der Stadt teilten. Jedes Mitglied zahlt einen Monatsbeitrag und muss sich gleichzeitig dazu verpflichten, 20 Stunden im Jahr auf dem Acker zu arbeiten. Auch nach ihrem einjährigen Selbstversuch beteiligte sich Greta Taubert weiter an dem Gemeinschaftsacker.

Der Selbstversuch, nach einer Apokalypse zu überleben, entwickelte sich für Greta Taubert im Lauf der Zeit mehr und mehr zu einem gesellschaftlichen Experiment: „Meine Wertvorstellungen haben sich währenddessen verschoben.“ Eine ökologische und sozialere Gesellschaft kann sich ihrer Meinung nach nur durch Verzicht auf Egoismus und Immer-mehr-haben-wollen entwickeln. Stattdessen muss das Motto lauten: teilen, tauschen, sparen, schenken. Greta Taubert lernte bei ihrem Experiment zudem das befriedigenden Gefühl kennen, nicht auf Konsum angewiesen zu sein und betont: „Ich habe mich noch nie so reich gefühlt, wie im vergangenen Jahr.“ Quelle: Süddeutsche Zeitung

Von Hans Klumbies