Gesprächstherapie hilft bei Rückenschmerzen

Starke Rückenschmerzen sind eine der häufigsten Krankheiten in Industrienationen. Etwa 70 Prozent aller Europäer haben mindestens einmal im Jahr akute Probleme mit ihrem Rücken. In den meisten Fällen ist davon die Lendenwirbelsäule betroffen. Keine andere Krankheit ist für so viele Krankschreibungen, unzählige Arbeitsausfälle und hohe medizinische Kosten verantwortlich. Fachärzte der Universitäten Warwick und Oxford haben dieser Pein nun den Kampf angesagt. Sie haben einen ebenso wirkungsvollen wie preiswerten Weg entwickelt, um die Kreuzschmerzen zu besiegen.

Noch nach einem Jahr ist der Schmerz lindernde Effekt zu spüren

Nach sechs Sitzungen einer Gesprächstherapie waren die Beschwerden abgeklungen. Selbst ein Jahr nach dem Ende der Therapie war der Schmerz hemmende Effekt noch nachweisbar. Die Orthopäden und Rheumatologen berichteten über ihre Heilerfolge in dem Fachblatt „Lancet“.

Zara Hansen, die an der britischen Studie beteiligt war, berichtet von den Erfolgen: „Das ist ziemlich aufregend. Bei den meisten medizinischen Interventionen, erreicht man nur eine momentane Verbesserung. Die Patienten fühlen sich zwar wohler, aber nur kurzfristig. In unserem Fall ließen die Beschwerden aber für mehr als sechs Monate nach.“ Und wenn die Patienten gelernt hätten, mit ihren Leiden besser umzugehen, ließe sich der lindernde Effekt sogar noch mehr als ein Jahr später nachweisen.

Wer Rückenschmerzen hat, muss sich nicht schonen

Für die Studie hatte das britische Ärzteteam unter der Leitung von Sarah Lamb 700 Patienten mit chronischen Kreuzschmerzen untersucht. Mehr als 400 Leidende nahmen an Gesprächstherapien teil, die anderer erhielten vorwiegend Schmerzmittel. Die Gesprächstherapien sollten den Kranken ihre negativen Vorstellungen über Rückenschmerzen und deren Folgen in positive Bahnen lenken.

Noch immer glauben viele Menschen, die unter Rückenschmerzen leiden, sie müssten sich vor allem schonen. Doch mittlerweile empfehlen viele Mediziner körperliche Ertüchtigung. Doch viele Patienten scheuen den Sport, aus Angst sich noch stärker zu verletzen. Durch ihre Studie fanden die Ärzte heraus, dass nach den ersten Monaten die Schmerzlinderung bei der Gesprächstherapie das gleiche Niveau erreichte, wie bei der Behandlung mit Medikamenten.

Psychotherapeutische Methoden lindern chronische Körperbeschwerden

Die Ärzte schreiben im Fachblatt „Lancet“: „Angst zu vermeiden und mit Schmerz umgehen zu lernen, sind wichtige psychologische Konstrukte, um langfristig zum Heilerfolg zu kommen.“ Seit Jahren schon fordern Ärzte ein Umdenken bei chronischen Rückenleiden. Wenn der Rücken schmerzt, hat das weniger mit der Statik der Wirbelsäule zu tun als mit dem Grundgerüst der Seele.

Der Chef der Psychosomatik an der Technischen Universität München, Peter Henningsen, kommentiert die Ergebnisse: „Diese hochwertige Studie zeigt, dass psychotherapeutische Methoden chronische Körperbeschwerden gut und dauerhaft lindern können. Das gilt auch für andere Beschwerden wie Erschöpfungssyndrome und Reizdarm – die Therapien sind kostengünstig und meist wirksamer als Spritzen, Tabletten oder Wirbelsäulenmanipulation.“

Von Hans Klumbies