Die Philosophie soll die Menschen weiser und besser machen

Im Band „Die Philosophie des ausgehenden 19. Und des 20. Jahrhunderts 1“ bieten Pierfrancesco Basile und Wolfgang Röd eine einführende und zugleich kritische Darstellung zweier der lebendigsten philosophischen Strömungen des letzten Jahrhunderts, vor allem in dessen erster Hälfte: der analytischen Philosophie und des amerikanischen Pragmatismus. Gegliedert ist das Buch in drei Teile. Im ersten Abschnitt stellt Wolfgang Röd Autoren wie Bolzano, Brentano oder Mach vor, bei denen er Ansätze der analytischen Denkweise erkennt. In den beiden anderen Teilen behandelt Pierfrancesco Basile den amerikanischen Pragmatismus (Teil II) und die analytische Tradition von Frege bis Quine (Teil III). Pierfrancesco Basilie ist Privatdozent am Institut für Philosophie an der Universität Bern. Wolfgang Röd war bis zu seiner Emeritierung Ordinarius für Philosophie am Philosophischen Institut der Universität Innsbruck.

Die analytische Philosophie hat ihre Innovationskraft weitgehend verloren

Dass die Geschichte der analytischen Philosophie mit Gottlob Frege beginnt, daran besteht für Pierfrancesco Basile kein Zweifel. Schwieriger ist es schon für ihn zu entscheiden, ob er sie mit Willard van Orman Quine beenden soll. Er entschließt sich dennoch, seine Darstellung nach ihm zu beenden, weil die analytische Philosophie danach ihre Innovationskraft weitgehend verloren hat. Tatsächlich deutet seiner Meinung einiges darauf hin, dass sie in eine epigonale Phase eingetreten ist.

Ebenso wichtig ist für Pierfrancesco Basilie die Frage, ob es sich überhaupt lohnt, die prozessorientierten und humanistisch geprägten Philosophen wie William James und John Dewey und von Erneuerern der Metaphysik wie Alfred North Whitehead wiederzuentdecken, da die Gegenwart von schwindelerregender ökonomischer und sozialer Veränderung geprägt ist. Andererseits dienen historische Rekonstruktionen in der Regel immer dazu, durch Vergleiche die Gegenwart zu beurteilen.

Franz Brentanos Philosophie besticht durch seine logische Schärfe

Wolfgang Röd stellt im ersten Teil des Bandes die Werke von Bernard Bolzano, Franz Brentano und Ernst Mach vor. Bernard Bolzano knüpfte mit seiner Philosophie zum Beispiel an Aristoteles und Leibniz an. In einer wichtige Abhandlung beantwortet er die Frage: „Was ist Philosophie?“ Seine Antwort lautet: „Philosophie ist die Wissenschaft von dem objektiven Zusammenhange aller derjenigen Wahrheiten, in deren letzte Gründe nach Möglichkeit einzudringen wir uns zu einer Aufgabe machen, um dadurch weiser und besser zu werden.“ Wichtig ist dabei für Bernard Bolzano die moralische Zielsetzung der Philosophie.

Die philosophische Denkweise eines Franz Brentano ist dagegen durch logische Schärfe und Respekt vor der Empirie, bei gleichzeitiger Hinwendung zur Metaphysik, gekennzeichnet. Auch er setzt sich mit der Aristotelischen Philosophie auseinander. Franz Brentano war seiner Zeit auch insofern voraus, weil er Psychologie und Philosophie als zusammengehörig betrachtete. Franz Brentano entwarf ein Philosophie, in deren Mittelpunkt Erkenntnistheorie, Ontologie und Ethik stehen und die insofern wissenschaftlich ist, als sie auf einer natürlichen Methode beruht, das heißt nur Sätze zulässt, die evident oder aus evidenten Sätzen abgeleitet, mindestens aber hinreichend wahrscheinlich sind.

Geschichte der Philosophie Band XI
Die Philosophie des ausgehenden 19. und des 20. Jahrhunderts 1
Pragmatismus und analytische Philosophie
Pier Francesco Basile / Wolfgang Röd
Verlag: C. H. Beck
Broschierte Ausgabe: 365 Seiten, Auflage: 2014
ISBN: 978-3-406-31348-6-0, 29,95 Euro

Von Hans Klumbies