Georg Simmels Philosophie des Geldes

Georg Simmel würde mit seinen Vorlesungen auch heute noch die größten Vorlesungssäle der Universitäten füllen. Denn er stellte Fragen, die auch heute noch die Gemüter, nicht nur der Studenten, bewegen: Woher kommt die große Geldgier der Menschen? Was treibt Superreiche dazu an, immer größere Vermögen anzuhäufen? Wie wirkt sich der entfesselte Kapitalismus auf die menschliche Psyche aus? Das bedeutendste Werk von Georg Simmel heißt „Philosophie des Geldes“, in dem er beschreibt, wie sich die Geldwirtschaft der Moderne immer mehr verselbständigt und alle anderen Zwecke des Daseins in den Hintergrund verbannt.

Geld ist das Urphänomen der modernen Gesellschaft

Das Geld übernahm seiner Ansicht nach die Funktion eines Gottes, je universeller und perfekter es einsetzbar war. Heute würde man sagen, nichts ist so erregend, wie die positiven Zahlen auf dem Kontoauszug. Sie sind ein Symbol für die Macht des Geldes, mit der die Wirklichkeit konsumiert werden kann. Georg Simmel geht davon aus, dass wer sich ohnehin schon alles kaufen kann, müsse ein immer größeres Vermögen anhäufen, um den Adrenalinschub gesteigerter Potenz und Lebensqualität genießen zu können. Beim Geldvermögen seien Quantität und Qualität einerlei.

Für Georg Simmel war das Geld das Urphänomen der Moderne, dass die soziale Welt im Innersten zusammenhält. In der dominierenden Geldwirtschaft sah Georg Simmel nicht nur Böses, sondern auch die Grundlage der individuellen Freiheit. Nur mit frei verfügbarem Kapital sei die Loslösung aus jeglichen Abhängigkeiten möglich. Selbst die kulturelle Vielfalt hänge von einem funktionierenden Geldsystem ab. Durch den reibungslosen Güteraustausch, der erst durch das Geld ermöglicht werde, entstünden neue Berufe und neue Gesellschaftsschichten.

Die Kultur soll den Menschen zu einer entwickelten Persönlichkeit formen

Georg Simmel begrüßt immer das Neue, aber er formulierte gleichzeitig die Gespaltenheit des Großstädters, der sich von den Segnungen des modernen Lebens überrannt und überfordert fühle. Die Kultur diente Georg Simmel nur dem einen Ziel, Individuen zu entwickelten Persönlichkeiten zu formen. Doch immer mehr sah der Philosoph und Soziologe den Menschen von seinen eigenen Schöpfungen der Kultur umzingelt. Die eigene Kultur des Menschen wurde für Georg Simmel immer mehr von einer ständig wachsenden und über dem Individuum zusammenstürzenden Kultur überwuchert. Für Georg Simmel war das die eigentliche Tragödie der menschlichen Kultur.

Kurzbiographie: Georg Simmel

Georg Simmel wurde am 1.März 1858 in Berlin geboren. Das Schreiben war seine Leidenschaft. Er veröffentlicht Biographien über Immanuel Kant, Johann Wolfgang von Goethe und Rembrandt van Rijn und schrieb Essays über das Abenteuer, die Mode, die Liebe sowie über die Emanzipation der Frau. In Berlin wurde er als Freigeist und Jugendverführer geächtet, was die Berliner Universität dazu veranlasste, ihn nicht zu promovieren und zu habilitieren. Erst mit 56 Jahren erhielt er einen Ruf an die Universität Straßburg. Dort starb er auch 1918.

Von Hans Klumbies