Furchtbare Bilder können einen Menschen schwer belasten

Viele Menschen unterschätzen die belastende und Angst auslösende Wirkung von Bildern. Davor kann Georg Pieper nur ausdrücklich warnen: „Wenn wir Bilder von einem schrecklichen Ereignis sehen, tragen wir sie noch lange als Ballast im Kopf mit uns herum.“ Sie wirken wie eine Bremse, weil sie immer wieder vor dem inneren Auge auftauchen und Alarm auslösen: „Vorsicht, Lebensgefahr!“ Bei schwer zu ertragenden Bildern empfiehlt Georg Pieper deshalb: „Wegschauen beziehungsweise ausschalten oder wegklicken.“ Wie stark furchtbare Bilder einen Menschen belasten können, kennt Georg Pieper von Lokführern. Ihnen passiert es immer wieder, dass sich jemand in Selbstmordabsicht auf die Gleise begibt. In der Regel kommt der Zug nicht mehr rechtzeitig zum Stehen, wie er bei hohem Tempo einen sehr langen Bremsweg hat. Dr. Georg Pieper arbeitet als Traumapsychologe und ist Experte für Krisenintervention.

Bei Katastrophen sollte man den Fernseher einfach einmal ausschalten

In Schulungen rät Georg Pieper Zugführern, sofort das Rollo vor ihrer Windschutzscheibe herunterzuziehen, damit sie den schrecklichen Moment des Aufpralls nicht sehen. Denn diese Bilder wird man nicht mehr los. Und so sollte man es mit bestimmten Medienbildern auch halten: Einfach nicht hinschauen. Als im Dezember 2004 ein Tsunami die Küsten Südost-Asiens überrollte, fragte Georg Pieper ein Moderator in einem Fernsehinterview, was man denn Menschen raten könne, deren Angehörige bei der Katastrophe gestorben sind oder deren Schicksal ungewiss war.

Georg Pieper sagte, er würde diesen Menschen raten, den Fernseher auszuschalten und lieber eine Kerze anzuzünden, an den Angehörigen zu denken und für die Opfer zu beten. Oder man sollte überlegen, wie man helfen kann. Georg Pieper fügt hinzu: „Damit bringt man sich in eine aktive Rolle. Das ist für die eigene Psyche viel heilsamer, als passiv auf dem Sofa zu sitzen und sich in einer Endlosschleife diese Horrorbilder anzuschauen. Der gleiche Rat gilt natürlich für den Computer und das Smartphone.“

Zum Glück gibt es in Deutschland seriöse Medien

Um Angst auslösende Ereignisse verarbeiten zu können, sollte man sich seriösen Medien zuwenden, die nicht mit möglichst reißerischen Berichten oder, wie häufig im Internet der Fall, Falschmeldungen und abstrusen Verschwörungstheorien Emotionen befeuern, sondern gesicherte Informationen vermitteln, Hintergründe beleuchten und die Geschehnisse einordnen. Zum Glück gibt es in Deutschland solche Medien. Nur auf seriöse Informationskanäle vertrauen kann sich im Ernstfall als lebensrettend erweisen.

In Situationen wie dem Amoklauf in München ist es sinnvoll, die Tweets und Facebook-Posts der Polizei zu verfolgen. Aber man sollte sich eben auf die Mitteilungen der Polizei beschränken und alles andere ignorieren. Allerdings ist die Versuchung, sich auch andere Quellen anzuschauen, vor allem bei jungen Menschen riesig. Aber welche Folgen das haben kann, war in München zu beobachten. Hier brachen die Menschen aufgrund digital verbreiteter Falschmeldungen in Panik aus. Wobei festzustellen ist, dass Falschmeldungen nicht unbedingt in böser Absicht verbreitet werden. Quelle: „Die neuen Ängste“ von Georg Pieper

Von Hans Klumbies