Ferdinand von Schirach warnt vor direkter Demokratie

Der Bestsellerautor Ferdinand von Schirach glaubt, dass die repräsentativen Demokratien zwar Nachteile haben mögen, weil ihre Entscheidungsprozesse oft kompliziert sind und der Ausgleich von Interessen teilweise mit großen Mühen verbunden ist. Der Staat wirkt manchmal träge. Dennoch gibt es für Ferdinand von Schirach keine bessere Staatsform. Er schreibt: „Dennoch funktionieren sie besser als jede andere Staatsform, die wir kennen. Ihr Fundament ist es, dass die Repräsentanten für ihr Handeln einstehen müssen, sie sind uns verantwortlich. Die meisten Politiker nehmen das ernst, das Gewissen des Abgeordneten ist noch kein leerer Begriff.“ Gar nichts hält Ferdinand von Schirach vom Politikansatz der Piratenpartei, die seiner Meinung nach im Grunde eine andere Staatsform in Deutschland einführen möchte.

Deutschland sollte mit der direkten Demokratie vorsichtig sein

Die Piraten möchten, dass vor jeder politischen Entscheidung alle befragt werden sollen. Dadurch verliert der Repräsentant stark an Bedeutung, er mutiert zum austauschbaren Sprachrohr. Obwohl sich dies zunächst sehr demokratisch anhört, ist es für Ferdinand von Schirach genau das Gegenteil. In der Politik gibt es keine einfachen Entscheidungen mehr zwischen zwei Alternativen. Noch dazu fehlt den meisten Bürgern das politische Wissen, um zu einer fundierten Entscheidung zu kommen.

Ferdinand von Schirach kritisiert: „Wenn alle alles bestimmen, trägt der Repräsentant keine Verantwortung mehr. Und wo es keine Verantwortung gibt, werden wir die Freiheit verlieren. Wir müssten dann an das glauben, was man Schwarmintelligenz nennt.“ Ferdinand von Schirach vertritt die Meinung, dass Deutschland mit der direkten Demokratie vorsichtig sein sollte, genauso vorsichtig wie es die Väter des Grundgesetzes waren. Denn: „In der Geschichte gab es einfach zu oft eine Schwarmdummheit, eine Schwarmgemeinheit und eine Schwarmbösartigkeit.“

Die Volksparteien möchten am Urheberrecht nichts Wesentliches ändern

Noch scheint für Ferdinand von Schirach das Urheberrecht nicht in Gefahr, da bisher keine der Volksparteien daran Wesentliches ändern möchte. Ginge es allerdings nach der Piratenpartei, müsste niemand mehr für ein E-Book bezahlen, es sei denn, er täte es freiwillig. Ferdinand von Schirach ist damit überhaupt nicht einverstanden. Er schreibt: „Die Argumente dafür sind merkwürdig: Im Internet müsse alles frei fließen, Künstler seien nicht weiter systemrelevant, Mozart habe auch keinen Urheberschutz genossen, und der habe bessere Musik gemacht als Sven Regener.“

Ferdinand von Schirach gibt offen zu, dass er die Euphorie um die Tauschbörsen nicht verstehen kann. Er hat auch kein Verständnis für die Forderung, Schriftsteller sollten ihre Bücher selbst vermarkten. Ferdinand von Schirach ergänzt: „Oder warum die Piraten den Künstlern helfen wollen, sich von ihren Verlegern zu befreien. Ich kann mir nur vorstellen, dass diese Leute einfach nicht wissen, wie Bücher wirklich entstehen.“ Wenn die Schriftsteller kein Geld mehr für ihre Bücher bekommen, ist die Literatur in ernster Gefahr.

Von Hans Klumbies