Ohne Otto von Bismarck hätte es kein Deutsches Reich gegeben

Die große Biographie von Ernst Engelberg über Otto von Bismarck wird von vielen Historikern und Politikwissenschaftlern als ein Meisterwerk deutscher Geschichtsschreibung bezeichnet. Ernst Engelberg, einer der bedeutendsten Historiker des 20. Jahrhunderts, schuf darin das faszinierende Bild einer einzigartigen Persönlichkeit und einer herausragenden politisches Werkes, das zuletzt allerdings Züge von Tragik annahm. Zum 200. Geburtstag Otto von Bismarcks liegt der Klassiker nun in einer aktualisierten und gekürzten Neuausgabe im Siedler Verlag vor. In seiner Biographie über Otto von Bismarck breitet Ernst Engelberg gleichzeitig vor seinen Lesern das breite Panorama einer Epoche und ihrer widerstreitenden Kräfte aus. Er beschreibt den Lebensweg Otto von Bismarcks, der mit der Schaffung des Deutschen Reiches letztlich jenes Altpreußen aufhob, dem er mit allen Wurzeln anhing und dem seine ganze Liebe gehörte.

Otto von Bismarck bewahrt das europäische Gleichgewicht

Otto von Bismarck erfüllte laut Ernst Engelberg das nationale Verlangen der Deutschen, wobei er allerdings die Tendenzen zur Demokratie als Hindernis betrachtete. Der Autor betrachtet Otto von Bismarck auch als einen Bewahrer eines europäischen Gleichgewichts. Am Ende seiner politischen Karriere wurde der große Politiker nicht nur von den Linken angegriffen, sondern wurde auch zur Zielscheibe jener nationalen Rechten, die Deutschlands Griff nach der Weltmacht vorbereiteten. Otto von Bismarck musste gestürzt werden, damit jene Kräfte zum Zuge kommen konnten.

Ernst Engelberg nähert sich dem politischen Schwergewicht Otto von Bismarck mit der gebotenen Objektivität, die sich an manchen Stellen in Sympathie verwandelt. Im ersten Kapitel beschreibt Ernst Engelbert unter anderem die Kindheit Otto von Bismarcks auf dem Lande, die Schuljahre in der Residenz, seine Zeit an der Universität und als Referendar. Im folgenden Abschnitt schildert der Autor die Wandlung des Gutsherrn zum Politiker. In Kapitel drei entwickelt Otto von Bismarck erste Aktivitäten im Bundestag, sammelt Erfahrungen im Krimkrieg und es bilden sich die Grundzüge in Otto von Bismarcks Denken und Handeln aus.

Otto von Bismarck war ein Feind der Arbeiterbewegung

Im 10. Kapitel dieser großartigen Biographie über Otto von Bismarck schildert Ernst Engelberg den Krieg gegen Frankreich und die Gründung des Deutschen Reiches, das der geniale Politiker durch den Anschluss der süddeutschen Staaten an den Norddeutschen Bund zustande brachte. Ernst Engelberg schreibt wesentliche Eigenschaften Otto von Bismarcks wie folgt: „Begabt mit der seltenen Fähigkeit, über sich selbst hinauswachsen zu können, ein Vollblutpolitiker, wurde er der Reichsgründer, weil er konnte, was er wollte, und weil er wollte, was er konnte.“ Otto von Bismarck lag zudem daran, dass das neuerstehende Reich durch den Kaisertitel ein Integrationssymbol erhielt.

Nach 1871 betrieb Otto von Bismarck eine Politik des europäischen Ausgleichs, beruhend auf der territorialen Saturiertheit des neugegründeten Reiches. Dem Sicherheitsbedürfnis auf dem Kontinent ordnete er auch den kolonialen Expansionismus unter, dem er eine Zeitlang nachgab. Ernst Engelberg verschweigt auch nicht die Negativseite im historischen Wirken Otto von Bismarcks. Dazu zählt er seine Feindschaft gegenüber allen demokratischen Kräften, insbesondere in der Arbeiterbewegung, und sein eingefleischter Royalismus, der ihn am Ende gegenüber Wilhelm II. lähmte.

Bismarck
Sturm über Europa
Ernst Engelberg
Verlag: Siedler
Gebundene Ausgabe: 864 Seiten, Auflage: 2014
ISBN: 978-3-8275-0024-3, 39,90 Euro

Von Hans Klumbies