Entscheidungen sind oft mit Schmerz und Verzicht verbunden

Alle Entscheidungen, Probleme und Konflikte sind für Reinhard K. Sprenger Wachstumschancen. Aber sie sind oft mit Schmerz und Verzicht verbunden. Was das Entscheiden so schwierig macht, ist die Illusion, es müsste leicht gehen, ohne Schmerz. Viele Menschen hängen an der Vorstellung, der ideale Arbeitsplatz, der ideale Chef, der ideale Partner warteten auf sie. Es ist natürlich nicht einfach, Vereinbarungen einzuhalten – vor allem die mit sich selbst. Reinhard K. Sprenger ergänzt: „Es ist manchmal auch schwierig, sich an Spielregeln zu halten, insbesondere in Zeiten, in denen das Brechen von Spielregeln für Autonomie gehalten wird.“ Herausforderungen und Schwierigkeiten, Gewohnheiten und Überlebtes aufgeben, alte Denk- und Verhaltensmuster ablegen: All das wird von vielen als unangenehm empfunden – und gemieden. Reinhard K. Sprenger ist promovierter Philosoph und gilt als einer der profiliertesten Managementberater und Führungsexperte Deutschlands.

Viele Menschen zögern wichtige Entscheidungen hinaus

Am liebsten würden viele Menschen immer alles offen lassen. Sie zögern Entscheidungen hinaus – gerade wenn die anstehende Wahl eigentlich keinen Aufschub duldet. Der Versuch, alles auf einmal haben zu wollen, nicht auf eine Alternative zu verzichten, hat jedoch einen hohen Preis: Während man zögert, verschläft man günstige Gelegenheiten. Aufschub produziert Frustration, und jeder weiß, wie aufreibend das Gefühl des inneren Hin-und-her-gerissen-Seins ist. Es gehört zu den glückszerstörenden Eigenschaften vieler Menschen, mit der großen Lupe auf das zu schauen, was nicht in Ordnung ist.

Dazu gehört das Haar in der Suppe zu suchen und immer das zu begehren, was gerade nicht zu haben ist. Sehr verbreitet ist der Anspruch, alles auf einmal haben zu wollen, den Preis aber nicht zahlen zu müssen. Viel Energie wird dann investiert in Fantasien über die abgewählten Möglichkeiten, über das nicht gelebte Leben. Was das Wählen so schwer macht, ist der Verzicht auf die abgewählte Möglichkeit. Das ist die allen bekannte Situation der Entscheidungsneurose. Wählen bedeutet: Eine Tür ist zu!

Die meisten Menschen produzieren ständig idealisierte Erwartungen

Oft wehrt man sich gegen den Verlust der abgewählten Alternative, indem die abgewählte Seiter herabgesetzt wird. Ein solches Handeln ist kein echtes Wählen. Erst wenn man die Alternative würdigt und sich dann in klarer Sicht zweier ernst zu nehmender Möglichkeiten für den einen Weg entscheidet, dann hat eine Entscheidung Kraft und Würde. Verachten Menschen das nicht Verwirklichte, nimmt dieses von dem, was sie wählten, etwas weg. Würdigen sie dagegen das nicht Verwirklichte, obwohl sie es nicht wählen, dann fügen sie dem, was die gewählt haben, etwas hinzu. So lautet die These des österreichischen Psychotherapeuten Bert Hellinger.

Natürlich wünschen sich die meisten Menschen immer mehr als stattfindet. Reinhard K. Sprenger erklärt: „Wir produzieren zum Beispiel ständig idealisierte Erwartungen, die wir unserer gesamten Umwelt überstülpen – unserem Partner, unseren Freunden, den Kindern, Politikern, dem Urlaubsort, dem Wetter.“ Und man erwartet dann mehr oder weniger heimlich, dass die anderen sich nach den eigenen Idealen richten. Das tun sie aber nicht, denn sie sind nicht so, wie man sie gerne hätte. Sie leben ihr eigenes Leben. Die eigenen Ansprüche sind für sie nur einige unter vielen. Dafür bestraft man sie dann mit Liebesentzug. Quelle: „Die Entscheidung liegt bei dir!“ von Reinhard K. Sprenger

Von Hans Klumbies