Eine gute Handlung fördert das Gemeinwohl

Die Idee des Gemeinwohls ist aus einer philosophischen Bewegung des 18. Jahrhunderts, dem Utilitarismus, hervorgegangen. Francis Hutcheson, Jeremy Bentham und später John Stuart Mill setzten damals auf Messungen und Quantifizierung, um zu bestimmen, ob eine Handlungsweise gut ist. Dacher Keltner kennt ihr Ergebnis: „Eine Handlung ist in dem Maße gut, in dem sie das Gemeinwohl fördert, also das, was man heute als kollektives Wohlergehen eines sozialen Netzwerks bezeichnen würde, oder auch das Vertrauen in eine Gesellschaft oder ihre Stärke.“ Francis Hutcheson hat es so formuliert: „Diejenige Handlung ist die beste, die das größte Glück der größten Anzahl zeitigt, die schlechteste ist die, welche in gleicher Weise Unglück verursacht.“ Dacher Keltner ist Professor für Psychologie an der University of California in Berkeley und Fakultätsdirektor des UC Berkeley Greater Good Science Center.

Die Interessen vieler zu fördern ist gut für das Gemeinwohl

Jede Handlung, die jemand ausführt, oder genauer gesagt, die von seinem Charakter bestimmt wird, kann mit einer „Maßzahl des Gemeinwohls“ markiert werden. Das ist der Grad, in dem die Handlung anderen nützt. Es ist natürlich ein sehr komplexes Problem, das Gemeinwohl an den Handlungen Einzelner zu messen. Solche Urteile erfordern Annahmen über deren Absichten. Dazu kommt, dass man oft Handlungen ausführt, die zwar gut gemeint sind, aber dann doch vielen schaden. Das Urteil über die Vor- und Nachteile einer Handlung muss in Betracht ziehen, welche Folgen über kurze oder lange Zeit zu erwarten sind.

Dacher Keltner stellt fest: „Von solch komplexen Verhältnisse einmal abgesehen, haben die Menschen ziemlich ausgeprägte Vorstellungen davon, ob Handlungen für das große Ganze gut oder schlecht sind.“ Diejenigen, die bessere Wertungen erhalten, was das Gemeinwohl betrifft, fördern die Interessen vieler und verursachen wenig Leid. Umgekehrt erzielen Handlungen, die viele Leid zufügen und nur wenigen nützen, niedrige Wertungen. Agieren Individuen so, dass das Gemeinwohl gefördert wird, geht es ihren Gruppen besser.

Machtmissbrauch untergräbt das reibungslose Funktionieren einer Gruppe

Solche Handlungsweisen führen zu größerem Vertrauen zwischen den Gruppenmitgliedern, ermöglichen ein verlässliche Kooperation, erlauben sachkundige Aktionen und machen Gruppen konkurrenzfähig. Menschen mit Macht, die das Gemeinwohl fördern, bewirken in der Regel auch, dass die von ihnen Beeinflussten erfolgreich sind. Mehr überrascht, wie ausschlaggebend die Förderung des Gemeinwohls für die Verteilung von Macht in sozialen Gruppen ist: Sie ist der zentrale Faktor, wenn es darum geht, einzelnen Gruppenmitgliedern Macht zu verleihen.

Alle in einer Gruppe achten argwöhnisch auf machiavellistische, Zwang ausübende Gestalten. Der Grund für dieses Misstrauen ist laut Dache Keltner einfach: „Werden diese Personen nicht ausreichend kontrolliert, untergraben sie das reibungslose Funktionieren der Gruppe.“ Gruppen nehmen Machtmissbrauch aufmerksam wahr und sind sich bewusst, dass Menschen, die Macht haben, schnell zu „Maschinen“ werden, die nur ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen wollen und für das Erreichen ihrer Ziele auch anderen Leid zufügen. Quelle: „Das Macht-Paradox“ von Dacher Keltner

Von Hans Klumbies