Die Malerin Paula Modersohn-Becker

Die großartige Künstlerin Paula Becker wurde 1876 in Dresden geboren, wuchs in Bremen auf und studierte in Berlin und Paris. 1901 heiratete sie in Worpswede ihren Künstlerfreund Otto Modersohn. Bis zu ihrem frühen Tod im Alter von nur 31 Jahren schuf sie ein erstaunlich umfangreiches Werk, das aus etwa 750 Gemälden und 1.000 Zeichnungen besteht. Sie zählt zu den bedeutendsten Interpretinnen der Modernen Kunst in Deutschland. Ihre eigensinnige und zwingende Bildsprache ist von Kunstexperten oft als eine einzige Suche nach der großen Einfachheit der Form gedeutet worden.

Paula Modersohn-Becker suchte die Wahrheit in der Kunst

Ihr ganzes Leben lang hat Paula Modersohn-Becker mit bedingungsloser Treue gegenüber dem ausgesuchten Objekt und größtmögliche Klarheit der Strukturen gekämpft. Zu Beginn ihrer künstlerischen Laufbahn verzichtete die Malerin ganz bewusst auf Ölfarben und Leinwand. Für sie waren der Kohlestift und einfacher brauner Karton als Malgrund die geeigneten Materialien, um den menschlichen Körper dazustellen, vor allem den weiblichen Akt in seiner ganzen körperlichen, plastischen Erscheinung.

Bei ihren Aktstudien manipulierte die Künstlerin nichts, um die Modelle schöner erscheinen zu lassen, als sie in Wirklichkeit waren. Sie vertrat die Meinung, dass man der Wahrheit in der Kunst nur mit schlichten Mitteln näher komme. Für Paula Modersohn-Becker stand fest: „Was gefällig zu werden droht, trägt die Lüge in sich.“ Keine Zeichnerin vor und nach ihr hat die Leiber der Frauen und die Körper hungernder Kinder so überscharf porträtiert wie sie.

Paula Modersohn-Becker malt melancholische Landschaften und traurige Kinder

Nach ihrem Umzug von Berlin nach Worpswede im September 1898 malt sie die stillen Landschaften der Umgebung. Sie Bilder strahlen keine Heiterkeit aus, sonder die Melancholie einer Landschaft, die Trauer trägt, die ihre Tarnung aufgegeben hat. Die Sonne hat sich aus diesen Landschaften zurückgezogen, ihre Formen bilden handfeste Blöcke, die Farbpalette von Paula Modersohn-Becker ist in dieser Schaffensperiode düster und kalt.

Berühmt geworden ist Paula Modersohn-Becker vor allem für ihre Porträts, bei deren Gestaltung sie ganz eigene und neue künstlerische Wege beschritt. Ihre Bilder von Kindern zeigen keine heiteren, verspielten Geschöpfe, sondern einsame Figuren, die voller Furcht in die Welt blicken und in ihrer Verletzlichkeit so wirken, als wären sie die einsamsten Kinder auf der Welt. Gott und die Erwachsen haben sie verlassen.

Ihre Selbstporträts zeichnen sich durch eine schonungslose Intimität aus. Und doch wirkt die Malerin auf ihren Bildern so unnahbar, so rätselhaft wie ein Wesen von einem anderen Stern. Und dennoch wagt sie es als erste Malerin der Welt sich selbst nackt zu malen. In ihrem Spätwerk entwickelt sich die Malerei bei Paula Modersohn-Becker zu einem beschwörenden Erlebnis mit existentieller Hingabe.

Von Hans Klumbies