Die Macht der Ratingagenturen ist unglaublich groß

Die drei amerikanischen Ratingagenturen Fitch, Moody`s und Standard & Poor haben einen immensen Einfluss auf das Geschehen in der internationalen Finanzwelt. Sie haben eine ungeheurere Macht. Der Amerikaner Dennis Snower, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, schreibt: „Bewerten sie die Bonität eines Schuldners positiv, bekommt dieser von jeder Bank der Welt einen Kredit, und Anleger reißen sich um seine Anleihen und Schuldverschreibungen. Umgekehrt kann der Schuldner den Laden dichtmachen, wenn er ein negatives Rating erhält. Niemand würde ihnen mehr Geld geben.“ Der Effekt des Ratings auf die Märkte ist also enorm. Doch es ist völlig undurchsichtig, wie diese gebildet werden.

Die Vorhersagen der Ratingagenturen sind machmal völlig falsch

Für Dennis Snower sind Ratings zum Teil selbst erfüllende Prophezeiungen. Er erklärt: „Eben weil ein Land oder ein Unternehmen schlecht bewertet wurde, geht es ihm anschließend schlecht – schließlich ist ihm dann der Zugang zu den Kredit- und Anleihemärkten verwehrt.“ Ein positives Rating dagegen öffnet alle Geldhähne. Bedingt durch die frische Liquidität geht es dem Kreditnehmer schnell besser. Abgesehen von diesem Effekt ist es für Dennis Snower unklar, ob die Ratingagenturen überhaupt nützliche Vorhersagen über die Zahlungsfähigkeit von Unternehmen und Staaten machen. Studien belegen, dass die Ratings meist den Ereignissen folgen, statt sie vorherzusagen.

Laut Dennis Snower sind die Vorhersagen der Ratingagenturen in der Regel nicht besser als das, was aus öffentlichen Daten zu entnehmen ist, obwohl Ratingagenturen privilegierten Zugang zu vielen Daten haben. Dennoch liegen die Urteile der Ratingagenturen sogar manchmal total daneben, wie die zurückliegende Finanzkrise gezeigt hat. Einmal musste am Montag eine Bank Insolvenz anmelden, die am Freitag zuvor noch die Note gut von einer Ratingagentur erhalten hatte. Als Konsequenz fielen reihenweise verbriefte Wertpapiere aus.

Ratingagenturen reagieren auf systemische Risiken sehr spät

Dennis Snower kritisiert: „Im Nachhinein zeigte sich: Die Ratings waren einseitig und entsprachen oft den Interessen der Investmentbanken. Und die zugrundeliegenden Bewertungsmodelle waren systematisch falsch.“ Laut Dennis Snower ist es auch ein großes Problem, dass die Agenturen mit ihren Ratings eine Genauigkeit vorgaukeln, die es so gar nicht gibt. Man weiß seiner Meinung nach viel weniger über die Schuldner, als es durch das Rating aussieht. Denn Ratings haben es nicht nur mit Wahrscheinlichkeiten und Risiken zu tun, sondern auch mit Unsicherheiten.

Eine Ratingagentur kann kein seriöses Urteil fällen, wenn sie einer Situation noch nicht begegnet ist, da es in einem solchen Fall keine Wahrscheinlichkeiten gibt. Doch sie tun so, als könnten sie es. Da sich die Ratingagenturen laut Dennis Snower zunächst individuell auf den Schuldner konzentrieren, reagieren sie auf mögliche systemische Risiken sehr spät. Dennis Snower erklärt: „Die Folge: Eine beginnende Rezession wird dann durch die folgenden schlechteren Ratings noch verschärft. Zugleich besteht finanzielle Ansteckungsgefahr: So kann ein verschlechtertes Rating für Griechenland dazu führen, dass sich auch das Risiko für Portugal verschärft.“

Von Hans Klumbies