Die einzige noble Kunst im Römischen Imperium war die Rhetorik

Im Römischen Imperium spielte die bildende Kunst nur eine untergeordnete Rolle. Die Fresken, Mosaiken und griechischen Statuen wurden im Auftrag der Römer von fremden Handwerkern geschaffen. Bildende Künstler, Architekten, Pädagogen und Ärzte spielten in der römischen Gesellschaft der damaligen Zeit nur eine bedeutungslose Rolle. Das ganze Mittelalter hindurch sollte sich dieser Zustand in ganz Europa nicht mehr wesentlich verändern. Musik und Tanz waren den Frauen und Kindern vorbehalten, Männer hätten mit einem solchen Firlefanz ihre Ehre aufs Spiel gesetzt. Auch die Wissenschaften wurden im Römischen Imperium nicht gepflegt, man war mit von den Griechen Überlieferten zufrieden. Die eingesetzte Technik entsprang der Erfahrung, nicht theoretischen Fragestellungen. Dadurch unterschieden sich die alten Römer grundlegend von den griechischen Denkern.

Auch die Literatur zählte im Römischen Imperium zur Rhetorik

Die einzige edle Kunst, der die Römer sogar ernsthafte wissenschaftliche Beachtung schenkten, war das Reden. Die Rhetorik war die letzte Stufe der pädagogischen Ausbildung. Eine rhetorische Meisterschaft zu erlangen, war das Ziel eines jeden Römers aus gutem Hause. Cicero, Cato, Tacitus und Quintilian haben scharfsinnige Abhandlungen über die Kunst der Rhetorik verfasst. Nur durch glanzvolle Reden konnten sich die Römer bemerkbar machen und hohe Ämter erringen. Auch die Literatur zählte im Römischen Imperium zur Rhetorik.

Deshalb verlor die Literatur auch niemals Zweck und Wirkungsabsicht aus den Augen und war somit auf die Gesellschaft berechnet. Als Beispiele dienen die Geschichtsschreibung des Ennius und die Kriegsberichte Caesars, die er von Gallien aus abschnittsweise in Rom veröffentlichte und so den Enthusiasmus seiner Anhänger schürte. Auch der Cäsarianer Sallust ist hier zu nennen, der mit schneidender Leidenschaft die Korruption des römischen Adels für den Niedergang der Republik verantwortlich machte.

Die Römer liebten Wagenrennen und Gladiatorenkämpfen in der Arena

Ähnlich wie die Literatur stand es mit dem Theater im Römischen Imperium, das nur in der Wirkung auf das Publikum seine Legitimation erfuhr. Die Römer Terenz und Plautus kopierten zum Beispiel die hellenistische Komödie, Ennius und Pacuvius versuchten sich am Entwurf einer lateinischen Tragödie. Aber die Römer waren von den Dramen nur wenig begeistert. Viel mehr suchten sie Ablenkung und Entspannung beim Wagenrennen und den Gladiatorenkämpfen in der Arena.

Die Tragödie verwandelte sich bald in eine Art Oper, zum Ballett und zur Pantomime, die Komödie zum maskenlosen, bürgerlichen Spiel, für dessen Geist der „Laureolus“ des lebenslustigen Catull das beste Beispiel ist. Dabei handelt es sich um ein Räuber- und Schauerstück, das mit der Hinrichtung des Räubers endet. Es war über zwei Jahrhunderte das meistgespielte Stück. Seine Beliebtheit hatte einen tödlichen Grund: Gegen Ende des Stückes wurde der Schauspieler gegen einem zum Tode Verurteilten ausgewechselt, der dann auf offener Szene wirklich hingerichtet wurde.

Von Hans Klumbies