Der Neid ist die giftigste aller Emotionen

Jeden Menschen überkommt ab und zu etwas, was niemand gerne zugibt, nämlich die sinnloseste, unbrauchbarste und giftigste aller Emotionen: der Neid. Rolf Dobelli weiß, dass die Sinnlosigkeit von Neid keine neue Erkenntnis ist: „Schon die griechischen Philosophen warten davor. Die Bibel illustriert die zerstörerische Kraft des Neids mit einem Dutzend Geschichten, allen voran an der Parabel von Kain und Abel.“ Auch der Nobelpreisträger Bertrand Russell bezeichnet den Neid als eine der wichtigsten Ursachen von Unglück. Neid beeinträchtigt die persönliche Lebenszufriedenheit stärker als körperliche Gebrechen oder finanzieller Ruin. Die Fähigkeit, Neid zu managen, gehört damit fundamental zum guten Leben. Der Bestsellerautor Rolf Dobelli ist durch seine Sachbücher „Die Kunst des klaren Denkens“ und „Die Kunst des klugen Handelns“ weltweit bekannt geworden.

Facebook ist die perfekte Brutstätte für Missgunst

Das Interessanteste am Neid ist: je stärker man sich mit anderen vergleicht, desto höher ist die Neidgefahr. Man beneidet vor allem jene, die einem in puncto Alter, Beruf, Umgebung und Lebensart ähnlich sind. Rolf Dobelli kennt die Lösung des Neidproblems: „Vergleichen Sie sich mit niemanden, und Sie werden ein neidfreies Leben genießen. Gehen sie allen Vergleichen strikt aus dem Weg. Das ist der goldene Pfad.“ Allerdings kann man Vergleichen oftmals gar nicht entgehen. Denn ein Vergleichsexperiment gigantischen Ausmaßes sind die sozialen Medien.

Dass Facebook viele User frustriert und müde macht, ist mittlerweile bekannt. Facebook ist geradezu prädestiniert dafür, dass Gleichgesinnte sich untereinander vergleichen – die perfekte Brutstätte für Missgunst. Rolf Dobelli empfiehlt: „Machen Sie einen weiten Bogen um soziale Medien. Die Fülle idiotischer Statistiken generiert eine Hyper-Vergleichbarkeit, die uns unglücklich macht.“ Und nicht nur das. Die hochgeladenen Bilder entsprechen gar nicht dem normalen Leben der Freunde. Sie sind sorgfältig kuratiert. So entsteht schnell der Eindruck, dass es den Freunden besser geht als einem selbst.

Bescheidenheit dient dem Gemeinwohl

Rolf Dobelli erläutert: „Noch nie haben sich Menschen mit so vielen anderen Menschen verglichen wie heute. Das Internet hat den Neid zu einer modernen Seuche gemacht.“ Wer sich von den sozialen Medien zurückgezogen hat, sollte anschließend versuchen, die Vergleichbarkeit auch im realen Alltag einzudämmen. Denn es gilt die Faustregel: All die Dinge, um die man jemand anderen beneidet, sind weniger wichtig als man denkt. Wenn das alles nichts nützt und der Neid dennoch im inneren Selbst auflodert, hilft nur noch der „Feuerwehrschlauch“ der Neidbekämpfung.

Dabei sollte man sich gezielt die schlechten Aspekte des Lebens des Beneideten raussuchen und sich vorstellen, wie diese Person unter diesem Makel leidet. Dadurch wird es einem selbst im Nu besser gehen. Rolf Dobelli gibt zu, dass das keine noble Lösung ist und man nur in Notfällen darauf zurückgreifen sollte. Und wer selbst in hohem Grad beneidenswert ist, sollte darauf achten, bescheiden zu bleiben. So minimiert man das Leiden auf der Welt, indem man andere ein bisschen vor der Neidkrankheit bewahrt. Bescheidenheit ist dann der persönliche Beitrag zum Gemeinwohl. Quelle: „Die Kunst des guten Lebens“ von Rolf Dobelli

Von Hans Klumbies