Der Mensch ist ein soziales Wesen

Der Homo sapiens entwickelte sich über Jahrmillionen nicht als Einzelgänger, sondern im engen Zusammenleben in einer sozialen Gemeinschaft. Primär bot die Gemeinschaft dem Individuum Schutz. Überleben bedeutete, zusammen zu leben. Anja Förster und Peter Kreuz ergänzen: „Aber außerdem bot sie ihm die Chance zu einer enormen geistigen Entwicklung: Das durch immer mehr implizite und explizite Regeln und Normen bestimmte, komplexe soziale Miteinander forderte eine Anpassung der intellektuellen Fähigkeiten, forderte Sprache, Mimik und Gestik sowie komplexe Verhaltensmuster.“ Die Fähigkeiten des menschlichen Gehirns nahmen immer weiter zu. Je differenzierter das Zusammenleben wurde, desto leistungsfähiger wurde auch das Gehirn. Insbesondere der frühkindlichen Bindung kommt eine extrem große Bedeutung zu. Erlebt ein Säugling nach der Geburt Urvertrauen und Sicherheit, stabilisieren ihn diese Gefühle sein Leben lang. Anja Förster und Peter Kreuz nehmen als Managementvordenker in Deutschland eine Schlüsselrolle ein.

Bindungen zu Bezugspersonen sind elementar für die Gesundheit

Diese Erkenntnis ist inzwischen Grundkonsens in der Wissenschaft. Die sogenannte sichere Bindung an Eltern und andere Bezugspersonen gilt als emotionale Nahrung, denn das Bedürfnis nach Geborgenheit muss genauso gestillt werden wie Hunger und Durst oder das Verlangen nach Luft, Schlaf oder Bewegung. Bindungen zu Bezugspersonen sind also elementar für die Gesundheit und Entwicklung des Menschen. Was passiert aber, wenn der Mensch später im Leben aus einer Gruppe ausgeschlossen wird?

So etwas gibt es in Schulcliquen, Arbeitsteams, Kegelvereinen ebenso wie in religiösen Gemeinschaften, aber auch in Staaten. Anja Förster und Peter Kreuz erklärten: „Der Ausschluss aus der Gemeinschaft wurde schon immer als Strafe verwendet. Wenn ein Individuum durch sein Verhalten oder einfach durch sein Anderssein eine Gruppe gefährdet oder zumindest in der Gruppe Angst auslöst, dann verlangt die Gruppe den Ausschluss des Individuums.“ Für die Gruppe ist das Wegsperren, Wegjagen, Ignorieren oder wie auch immer geartete Ausstoßen immer eine Erleichterung.

Der Ausschluss aus einer Gruppe ist ein schreckliches Erlebnis

Die Homogenität der Gruppe wird dadurch gewahrt, was den Mitgliedern der Gruppe gute Gefühle vermittelt. Aus der Sicht des betroffenen Individuums aber ist der Ausschluss aus einer Gruppe in der Regel ein einschneidendes, schreckliches Erlebnis. Jeder kennt die Erfahrung: Wenn Kinder nicht mit einem spielen wollen, wenn man einer Clique nicht cool genug erscheint oder wenn man von einem Fußballverein ausgeschlossen wird, weil man die Mitgliedsbeiträge nicht rechtzeitig bezahlt hat, oder in der Nachbarschaft zur Persona non grata mutiert, weil man ein Haus gebaut hat, das nicht den üblichen Erwartungen entspricht.

Der Ausschluss eines Menschen aus einer Gruppe kann gravierende Konsequenzen haben. Anja Förster und Peter Kreuz erläutern: „Die beginnen damit, dass Betroffene mit schmerzähnlichen Symptomen reagieren. Offenbar hat die Zugehörigkeit zu einer Gruppe für uns ähnliche Bedeutung wie die Integrität unseres Körpers.“ Der Schmerz liefert dem Betroffenen in beiden Fällen ein ziemlich starkes Motiv, seinen Körper vor Verletzungen zu bewahren beziehungsweise der Gruppe keinen Anlass zu liefern, ihn auszuschließen. Quelle: „Nein“ von Anja Förster und Peter Kreuz

Von Hans Klumbies