Das pure Vergnügen ist der einzige Lebenszweck

Der griechisch-lybische Philosoph Aristippos, der von 435 bis 356 vor Christus lebte, schrieb einst: „Die Kunst zu leben liegt darin, die an uns vorüberziehenden Freuden zu ergreifen. Die größten Freuden sind nicht die geistigen, und moralisch sind sie auch nicht immer.“ Daniel Klein erinnert sich noch gut daran, was er fühlte, als er sich diesen Sinnspruch notierte: „Herausfordernd! Gewagt!“ Die sechziger Jahre mit ihrem Ethos totaler Freiheit begannen aufzudämmern, und er fühlte sich auf die Probe gestellt. Plötzlich kam ihm Epikurs vorsichtiger Hedonismus wie der Bluff eines schüchternen Mannes vor. Aristippos war der echte Stoff – ein war ein ungezügelter Hedonist. Daniel Klein, Jahrgang 1939, studierte Philosophie in Harvard. Zusammen mit Thomas Cathcart schrieb er „Platon und Schnabeltier gehen in eine Bar“, das in 26 Sprachen übersetzt wurde.

Bei Aristippos gibt es keine im Namen der Tugend erhobenen Zeigefinger

Bei Aristippos gab es nichts mehr von Epikurs Zergliederung der Freuden. Kein Wenn-dann-Gezauder mit lauernden Gefahren und unerfreulichen Folgen impulsiven Handelns. Daniel Klein fügt hinzu: „Keine Ermahnungen, bei der Wahl der Vergnügungen sorgsam vorzugehen, damit man andere Menschen nicht verletzt oder gegens ich aufbringt. Und ganz eindeutig keinen im Namen der Tugend erhobenen Zeigefinger.“ Nein, dieser griechische Philosoph der Antike spornt die Menschen dazu an, hemmungslos zur Sache zu kommen.

Aristippos will, dass die Menschen Hedonisten in dem Sinne werden, wie das Wort heute gebraucht wird. Leute nach der Suche nach Vergnügen und sonst nichts. Lüstlinge! Tiere! Es scheint sogar, dass diese „Kunst zu leben“ einen vorübergehenden Masochismus einschließen kann, wenn man dem Stammvater des Sadomasochismus, dem Marquis de Sade, folgen mag: „Zum Vergnügen gelangt man immer über den Schmerz.“ Ja, so langsam fühlt sich das für Daniel Klein wie ein unheimliches Wagnis an.

Der Mensch ist der Architekt seines eigenen Lustschlosses

Aristippos macht keine Umschweife mit seiner Philosophie, die das pure Vergnügen zum einzigen Lebenszweck erklärt. Dieser überzeugte Hedonist brauchte Mut, um vollständig mit den Lehren seines Mentors Sokrates zu brechen. Dieser plädierte für ein gutes und gerechtes Leben, das einem Leben in undisziplinierter Ausgelassenheit vorzuziehen sei. Als Ratgeber zum Aufspüren der Freuden des Lebens stellt Aristippos Epikurs Grundprämissen des Hedonismus auf den Kopf. Während Epikur wollte, dass die Menschen ihrem Wünschen und Streben Zügel anlegen, drängt Aristippos dazu, auf die Dinge, die vor einem liegen, aktiv so einzuwirken, dass sie maximales Vergnügen spenden.

Der Mensch ist folglich der Architekt seines eigenen Lustschlosses. Aristippos hatte auch offensichtlich Freude am Luxus. Er war ein früher Verfechter jener Spielart des Hedonismus, die behauptet: „Wer bis zum Tod das meiste Spielzeug zusammenrafft, hat gewonnen.“ Aristippos konnte seiner Genusssucht frönen, weil er von seinen Philosophieschülern Studiengebühren verlangte – eine Praxis, die sowohl Sokrates als auch Platon, zwei frühe Befürworter des freien Zugangs zur Bildung, verabscheuten. Quelle: „Immer wenn ich den Sinn des Lebens gefunden habe, ist er schon wieder woanders“ von Daniel Klein

Von Hans Klumbies