Daniel Kehlmann ist mit „F“ ein virtuoser Roman gelungen

Seit ich den neuen Roman „F“ von Daniel Kehlmann gelesen habe, bin ich davon überzeugt, dass der Autor ein Seelenverwandter des algerischen Literaturnobelpreisträgers Camus ist. Wie dieser beschäftigt sich Daniel Kehlmann, der zu den bedeutendsten deutschen Schriftstellern der Gegenwart zählt, mit den großen Fragen der Menschheit. Gibt es einen Gott?, „Wer bin ich?, Woher komme ich? und „Wohin gehe ich?“ Bei Daniel Kehlmann kommt noch eine weitere Frage hinzu: „Wer könnte ich sein?“ Der Roman „F“ erzählt die Geschichte der drei Brüder Martin, Eric und Iwan, die jeder auf seine eigene Weise Heuchler, Betrüger und Fälscher sind. Jedem dieser armen Kreaturen hat Daniel Kehlmann ein eigenes Kapitel gewidmet. Zusammengehalten werden die einzelnen Abschnitte von ihrem Vater, Arthur Friedland, einem Schriftsteller, der durch das ganze Buch irrlichtert. Das Werk Daniel Kehlmanns, der 1975 in München geboren wurde, wurde schon mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Sein bekanntester Roman „Die Vermessung der Zeit“ ist inzwischen in 46 Sprachen übersetzt worden.

Die Menschen sind für ihre guten wie schlechten Taten verantwortlich

Im Kapitel „Das Leben der Heiligen“ schildert Daniel Kehlmann das Leben von Martin, der katholischer Pfarrer geworden ist, obwohl er nicht an Gott glaubt. Seine Berufswahl war eher ein Zufall als Schicksal – auf keinen Fall war sie eine Berufung. Bei Fragen über Gott redet er sich immer mit dem „Mysterium“ heraus, das heißt, dass den Menschen etwas offenbart worden ist. Gott weiß, was jeder tun wird. Dennoch sind die Menschen frei und deshalb auch verantwortlich für ihre guten wie schlechten Taten.

Der Abschnitt „Geschäfte“ ist Eric gewidmet, einem nach außen hin scheinbar erfolgreichen Vermögensverwalter, der allerdings tablettensüchtig ist, kurz vorm Konkurs seiner Firma steht und dessen Frau die Scheidung einreichen wird. Alles Schein, kein Sein. Wegen horrender Verluste fälscht er die Kontoauszüge seines besten Kunden. Nur noch ein Wunder kann ihn retten, den Finanzjongleur, der ein Schneeballsystem im Stile eines Bernard L. Madoff aufgebaut hat, allerdings in wesentlich kleinerem Stil.  

Das Leben kann manchmal verrückte Wendungen nehmen

Im Kapitel „Von der Schönheit“ schildert Daniel Kehlmann das kurze Leben von Iwan, der Kunsthistoriker geworden ist und den Nachlass des Malers Heinrich Eulenböck verwaltet. In Wirklichkeit malt er allerdings selbst die Bilder in einem geheimen Malstudio, das er in einer verruchten Gegend angemietet hat. Als er einen Streit zwischen Jugendlichen vor seinem Studio schlichten möchte, wird er durch einen Messerstich schwer verletzt, schleppt sich noc in sein Atelier und stirbt dort. Seitdem gilt er als vermisst.

Iwan ist tot, Eric wird von der großen Finanzkrise „gerettet“ und Martin ist immer noch Pfarrer. Arthur schreibt keine Bücher mehr, denn der Ehrgeiz, der bei ihm kurzzeitig aufflackerte, hat ihn wieder verlassen. Durch seine Rettung ist Eric zum Gläubigen geworden, der jeden Tag eine Beichte ablegt. Denn er ist fest davon überzeugt, dass Gott die Wirtschaftskrise nur deshalb geschickt hat, um ihn zu retten. Der Mörder von Iwan ist jetzt Messdiener bei Martin. Ja das Leben kann manchmal verrückte Wendungen nehmen und jeden Tag muss der Mensch Entscheidungen treffen.

F
Daniel Kehlmann
Verlag: Rowohlt
Gebundene Ausgabe: 380 Seiten, Auflage: 2013
ISBN: 978-3-498-03544-0, 22,95 Euro
Von Hans Klumbies