Bei positiven Emotionen verschiebt sich die Wahrnehmung

Negatives Denken konzentriert sich auf einen schmalen Bereich: auf das, was einen Menschen ärgert. Daniel Goleman stellt eine Faustregel aus der Kognitionstherapie vor: „Die Konzentration auf die negativen Seiten eines Erlebnisses stellt ein Rezept für Depressionen dar.“ Positive Gefühle dagegen erweitern das Spektrum der Aufmerksamkeit einer Person. Es steht ihr frei, alles einzubeziehen. Wenn die positiven Emotionen einen Menschen im Griff haben, verschiebt sich sogar die menschliche Wahrnehmung. Die Psychologin Barbara Fredrickson formuliert diesen Sachverhalt wie folgt: „Wenn wir uns wohlfühlen, erweitert sich unsere Wahrnehmung von der üblichen, selbstzentrierten Konzentration auf >mich< zu einer umfassenderen warmherzigen Konzentration auf das >wir<.“ Die Fokussierung auf negative oder positive Aspekte bietet zudem einen gewissen Anhaltspunkt, wenn man wissen will, wie das menschliche Gehirn funktioniert.

Positive Augenblicke erzeugen eine angenehme Stimmung

Wenn sich Menschen in gehobener, energiegeladener Stimmung befinden, ist nach den Erkenntnissen von Richard Davidson insbesondere der linke präfrontale Bereich aktiv. In diesem Gehirnareal befinden sich die Schaltkreise, die den Menschen daran erinnern, wie großartig er sich fühlt, wenn er endlich ein lange erstrebtes Ziel erreicht hat. Auf der neuronalen Ebene wird die positive Stimmung dadurch widergespiegelt, wie lange man eine solche Einstellung aufrechterhalten kann.

Ein sonniges Gemüt zeigt sich in den Geisteshaltungen. Daniel Goleman zeigt dies anhand eines Beispiels: „Der Umzug in eine andere Stadt oder das Zusammentreffen mit neuen Menschen ist dann nichts Beängstigendes, sondern ein Abenteuer, durch das sich spannende Möglichkeiten eröffnen – man kann großartige Orte entdecken und neue Freunde finden.“ Bringt das Leben überraschend einen positiven Augenblick mit sich, bleibt die angenehme Stimmung lange bestehen. Menschen, die das Leben in diesem Licht wahrnehmen, konzentrieren sich auf die Silberstreifen und nicht auf die Wolken.

Das Dopamin treibt die Motivation voran

In der positiven Einstellung spiegelt sich unter anderem die Aktivität der Belohnungsschaltkreise im Gehirn wider. Daniel Goleman erklärt: „Wenn wir glücklich sind, wird der Nucleus accumbens aktiv, ein Areal im unteren Streifkörper in der Mitte des Gehirns. Diese Region ist offenbar von entscheidender Bedeutung für die Motivation und für das Gefühl, dass eine Tätigkeit sich lohnt.“ Die betreffenden Schaltkreise sind reich an Dopamin und sorgen dafür, dass Menschen positive Gefühle haben, ihre Ziele verfolgen und Wünsche empfinden.

Hinzu kommt noch die Wirkung der körpereigenen Opiate, zu denen auch die Endorphine gehören. Das Dopamin treibt Motivation und Beharrlichkeit voran, die Opiate verzieren das Ganze mit einem Lustgefühl. Die Schaltkreise bleiben aktiv, solange sich ein Mensch in einer positiven Stimmung befindet. Positive Gefühle zahlen sich ihrerseits in Form von Leistung aus: „Sie verschaffen uns Energie, sodass wir uns besser konzentrieren, flexibler denken und beharrlich bleiben können.“ Quelle: „Konzentriert Euch!“ von Daniel Goleman

Kurzbiographie: Daniel Goleman

Daniel Goleman wurde 1946 in Stockton, Kalifornien, geboren. Er lehrte als klinischer Psychologe an der Harvard University, schrieb als Wissenschaftsjournalist für die New York Times und war Herausgeber der Zeitschrift „Psychology Today“. Sein Buch „Emotionale Intelligenz“, das er 1995 veröffentlichte, wurde international zum Bestseller. Zu seinen bekannten Werken zählen unter anderem auch „Emotionale Führung“ und „Soziale Intelligenz“. Daniel Goleman lebt in Massachusetts.

Von Hans Klumbies