Eine Gewohnheit birgt sowohl Werte als auch Gefahren

Lebensgewohnheiten bilden ein Muster und sind voneinander abhängig. Die Arbeitsgewohnheiten hängen beispielsweise mit den Verpflegungsgewohnheiten und den Transportgewohnheiten zusammen. Die letztgenannten wiederum mit den Lesegewohnheiten, die ihrerseits wieder mit den Gesprächsgewohnheiten usw. zusammenhängen. Man könnte das Leben auch als ein Dominospiel bezeichnen. Clemens Sedmak nennt den Grund dafür: „Du baust dein Leben mit vielen Dominosteinen auf, und wenn ein Stein umfällt, gerät vieles in Bewegung. Wenn du viele Termine hast und zum ersten Termin zu spät kommst, wird sich die Verspätung den ganzen Tag hindurch fortsetzen.“ Das ist ein Dominoeffekt. Man kann auch aktiv versuchen, diesen Dominoeffekt auszulösen. Der deutsche Hirnforscher Wolf Singer berichtet in einem Interview, dass eine zehntägige Zen-Übungsperiode einige Veränderungen in seinem Leben herbeiführte. Der österreichische Philosoph Clemens Sedmak hat unter anderem eine Professur am Londoner King´s College inne.

Kleinigkeiten können einen ungeheuren Effekt haben

Clemens Sedmak erklärt: „Der Dominoeffekt basiert darauf, dass verschiedene Lebensbereiche auf eine ganz bestimmte Konstellation angewiesen sind, um in der bekannten Form bestehen zu bleiben; wenn sich ein Element in dieser Figuration verändert, führt eines zum anderen. Der Anstoß zu einer Veränderung kann klein sein.“ Viele Gewohnheiten sind so selbstverständlich, dass sie die meisten Menschen gar nicht mehr wahrnehmen. Der Satz „Das macht man so und nicht anders“ zeigt den Wert ebenso wie die Gefahr, die von der Gewohnheitsbildung ausgeht.

Vor allem die Eintrittsstellen von Fragwürdigkeiten werden durch die Bildung von Gewohnheiten reduziert. Mitunter beruht die Gewohnheitsbildung aber auch auf der Basis des ausdrücklichen und tiefen Nachfragens, das etablierte Gewohnheiten ablöst. Der Dominoeffekt ist ein Gedanke, der hinter der Idee steht, an einem Tag eine einzige Gewohnheit zu verändern. Clemens Sedmak betont noch einmal: „Kleinigkeiten können einen ungeheuren Effekt haben.“ Eine kleine Veränderung, konsequent umgesetzt, kann viele Veränderungen nach sich ziehen.

Die Routine schafft Sicherheit und Vereinfachung

Die Menschen sollten an den Zusammenhang der Lebens- und Problembereiche glauben, sich auf günstige Veränderungen konzentrieren und deren Wirkung beobachten. Wenn man nur eine Gewohnheit verändert, wird dies auch Veränderungen in anderen Bereichen mit sich bringen. Denn eine Gewohnheit ist eine gefestigte Form des Handelns; sie ist eine erworbene Disposition des Verhaltens, lebt von der Wiederholung und ist durch eine gewisse Mühelosigkeit gekennzeichnet. Letzteres macht Gewohnheiten wohl auch so attraktiv.

Gewohnheiten erleichtern das Leben, weil der Mensch nicht in jeder Situation neue Handlungen entwerfen muss, sondern auf bekannte Muster zurückgreifen kann. Clemens Sedmak ergänzt: „Manche Gewohnheiten sind das Resultat ausdrücklicher Entscheidungen und Anstrengungen, andere Gewohnheiten schleichen sich ein.“ Die Routine schafft Sicherheit, Vereinfachung und Zugang zu Belohnungen. Neue Gewohnheiten können zum Beispiel bei Konsumenten vor allem dadurch etabliert werden, dass man ein Verlangen nach einer Belohnung weckt und klar definierte Auslösereize mit dieser verbindet. Quelle: „Jeder Tag hat viele Leben“ von Clemens Sedmak

Von Hans Klumbies