Bertrand Russell überprüft den Wert der Philosophie

Wenn die Beschäftigung mit der Philosophie überhaupt einen Wert hat, dann kann er für Bertrand Russell nur indirekt zustande kommen, durch ihren Einfluss auf das Leben derer, die sich mit ihr beschäftigen. Dennoch sind die Güter des Geistes mindestens ebenso wichtig wie die materiellen Güter. Bertrand Russell stellt fest: „Der Wert der Philosophie ist ausschließlich unter den Gütern des Geistes zu finden; und nur Menschen, denen diese Güter nicht gleichgültig sind, können davon überzeugt werden, dass die Beschäftigung mit der Philosophie keine Zeitverschwendung ist.“ Das Ziel aller Philosophie ist Erkenntnis. Eine Erkenntnis, die Einheit und System in die Gesamtwissenschaften bring und die sich aus einer kritischen Überprüfung der Gründe für die Überzeugungen, Vorurteile und Meinungen der Menschen ergibt.

Die Philosophie befreit die Menschen von der Tyrannei des Gewohnten

Der Wert der Philosophie darf laut Bertrand Russell nicht von irgendeinem festumrissenen Wissenstand abhängen, denn man durch das Studium erwerben könnte. Er erklärt: „Der Wert der Philosophie besteht im Gegenteil gerade wesentlich in der Ungewissheit, die sie mit sich bringt.“ Wer niemals eine philosophische Anwandlung gehabt hat, geht zwar durchs Leben, ist aber wie in einem Gefängnis eingeschlossen. Sobald der Mensch aber anfängt zu philosophieren, führen selbst die alltäglichsten Dinge zu Fragen, die man nur sehr unvollständig beantworten kann.

Bertrand Russell schreibt: „Die Philosophie kann uns zwar nicht mit Sicherheit sagen, wie die richtigen Antworten auf die gestellten Fragen heißen, aber sie kann uns viele Möglichkeiten zu bedenken geben, die unser Blickfeld erweitern und uns von der Tyrannei des Gewohnten befreien.“ Sie vermindert die Gewissheiten darüber, was die Dinge sind, aber sie vermehrt das Wissen darüber, was die Dinge sein könnten. Außerdem gewinnt die Philosophie für Bertrand Russell ihren Wert durch die Größe der Gegenstände, die sie bedenkt, und durch die Befreiung von engen und persönlichen Zwecken, die sich aus dieser Betrachtung ergibt.

Die Philosophie führt zur Einheit mit der Welt

Der Weg zu einem großen und freien Leben führt laut Bertrand Russell nur über die philosophische Kontemplation. Er erklärt: „Ihr Weitblick teilt die Welt nicht in zwei Lager ein, in Freunde und Feinde, Nützliches und Schädliches, Gutes und Schlechtes: er ist ein unparteiischer Blick auf das Ganze.“ Bertrand Russel ist fest davon überzeugt, dass jeder Gewinn an Wissen auch eine Erweiterung des eigenen Selbst ist, die am besten gelingt, wenn man sie nicht unmittelbar sucht.

Bertrand Russel gibt den Menschen den Ratschlag, sich um der Fragen selber willen mit der Philosophie zu beschäftigen, weil sie ihre Vorstellung, von dem, was möglich ist, verbessern, zugleich ihre intellektuelle Phantasie bereichert und die dogmatische Sicherheit vermindert, die den Geist gegen alle Spekulation verschließt. Bertrand Russell erklärt: „Vor allem aber werden wir durch die Größe der Welt, die die Philosophie betrachtet, selber zu etwas Größerem gemacht und zu jener Einheit mit der Welt fähig, die das größte Gut ist, die man in ihr finden kann.“

Von Hans Klumbies