Bertrand Russell preist die Methode des Zweifelns

Bertrand Russell schätzt René Descartes, da dieser die Methode des Zweifels erfand und zeigte, dass im Subjektiven die größte Gewissheit zu finden ist, wodurch er der Philosophie einen großen Dienst erwies. René Descartes entschloss sich, nichts zu glauben, dessen Wahrheit er nicht klar und deutlich einsähe. Was sich bezweifeln ließ, wollte er bezweifeln, solange er keinen Grund fand, nicht mehr daran zu zweifeln. Bertrand Russell erklärt: „Durch Anwendung dieser Methode kam er nach und nach darauf, dass das einzige, dessen Existenz ihm ganz gewiss war, er selber wäre.“ Da er zweifelte musste er existieren, wenn er überhaupt etwas erlebte ebenso. Seine eigenen Existenz stand für René Descartes absolut fest und gipfelte in dem weltberühmten Spruch: „Ich denke, darum bin ich“.

Die Gewissheit der Gedanken und Empfindungen

Für Bertrand Russell haben die einzelnen Gedanken und Empfindungen der Menschen eine ursprüngliche Gewissheit an sich. Das gilt seiner Meinung nach sowohl für Träume und Halluzinationen als auch für normale Wahrnehmungen. Die Gewissheit der Erkenntnis der Erlebnisse eines Menschen wird daher nicht durch irgendwelche Ausnahmefälle eingeschränkt. Dennoch sind die Sinnesdaten der Privatbesitz jedes einzelnen. Was der eine unmittelbar sieht, ist dem anderen nicht unmittelbar gegenwärtig. Sie alle sehen die Dinge unter verschiedenen Gesichtspunkten und daher erscheinen sie ihnen auch verschieden.

Bertrand Russell fordert die Menschen auf, an ihren eigenen, ganz privaten Erlebnissen Merkmale zu finden, die beweisen oder wenigstens darauf hindeuten, dass es auf der Welt außer uns selbst und unseren privaten Erlebnissen noch andere Dinge gibt. Er schreibt: „Wir müssen zugeben, dass wir die Existenz dieser anderen Dinge niemals strikt beweisen können. Aus der Annahme, das die Welt nur aus mir selber, aus meinen Gedanken, Gefühlen und Empfindungen besteht, und dass alles andere bloße Einbildung ist, folgt kein logischer Widerspruch.“

Die Außenwelt scheint wirklich zu existieren

Die Träume der Menschen werden laut Bertrand Russell mehr oder weniger durch das hervorgerufen, was man ihr waches Leben nennt. Sie lassen sich durch wissenschaftliche Prinzipien erklären, wenn die Annahme stimmt, dass es wirklich eine materielle Welt gibt. Bertrand Russell stellt fest: „So drängen uns alle Prinzipien der Einfachheit dazu, den natürlichen Standpunkt einzunehmen, dass es wirklich Gegenstände außer uns gibt, deren Existenz nicht davon abhängt, dass wir sie wahrnehmen.“

Ursprünglich werden die Menschen nicht durch Argumente dazu gebracht, an die Existenz einer unabhängigen Außenwelt zu glauben. Bertrand Russell erläutert: „Wir finden diesen Glauben in uns vor, sobald wir zu reflektieren beginnen: man könnte ihn als eine instinktive Überzeugung bezeichnen.“ Es herrscht also eine instinktive Überzeugung vor, dass es Gegenstände gibt, die mit den Sinnesdaten korrespondieren. Es lässt sich also, wenn auch mit einem leichten Zweifel, annehmen, dass es die Außenwelt wirklich gibt, ohne dass sie deshalb ununterbrochen von jemandem wahrgenommen werden müsste.

Kurzbiographie: Bertrand Russell

Bertrand Russell wurde am 18. März 1872 in Trelleck geboren. Er studierte am Trinity College Mathematik und Sozialwissenschaften. Während des Ersten Weltkriegs kam er wegen der Aufforderung zur Verweigerung des Kriegsdiensts ins Gefängnis. Bertrand Russell lehrte an den Universitäten Harvard, Oxford, London, Peking, Chicago und Los Angeles. 1950 erhielt er den Nobelpreis für Literatur.

Der große Denker beschäftigte sich unter anderem mit der Möglichkeit des Philosophierens in einem Zeitalter, das die Metaphysik verabschiedet hat und dessen Wissensstand entscheidend von der Naturforschung geprägt ist. Zu seinen wichtigsten Werken zählen: „The Principles of Mathematics“, (1903), „The Problems of Philosophy“, (1912), „Mysticism and Logic“, (1917), „An Outline of Philosophy” (1927) und „An Inquiry into Meaning and Truth“, (1940). Bertrand Russell starb am 2. Februar 1970 in Wales.

Von Hans Klumbies