Die Renaissance war die faszinierendste Epoche der Geschichte Europas

In seinem neuen Buch „Der Morgen der Welt“ entfaltet der Historiker Bernd Roeck ein beeindruckendes Panorama der europäischen Renaissance, jener glanzvollen Zeit, die erst Europa und dann die ganze Welt für immer veränderte. In dieser Epoche gab es revolutionäre Umbrüche es in der Politik, der Religion, den Künsten und der Philosophie. Zugleich erklärt Bernd Roeck warum es ausgerechnet in Europa zu dieser einzigartigen Anhäufung von weltbewegenden Innovationen und Ideen, historischen Umwälzungen, spektakulären Erfindungen und Entdeckungen sowie künstlerischen Jahrtausendwerken kommen konnte. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Renaissance die wohl faszinierendste Epoche der Geschichte Europas war, die keineswegs allein aus der Wiederbelebung antiker Traditionen war. Bernd Roeck ist seit 1999 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Zürich und einer der besten Kenner der europäischen Renaissance.

Die moderne Welt ist ohne die Renaissance nicht denkbar

Bernd Roeck vertritt die These, dass die Ursprünge der Renaissance ebenso im europäischen Mittelalter, der arabischen Welt und anderen, ferneren Ländern liegen. Von diesen Voraussetzungen ausgehend entwickelte sich die einzigartige Kunst in Italien, die großartigen Ideen der humanistischen Denker, aber leider auch ebenso die unsägliches Leid verursachenden Religionskriege und die Anfänge der Unterwerfung fremder Erteile und Kulturen. Sowohl in ihrem Glanz als auch in ihrem Leid legte die Renaissance die Fundamente für die moderne Welt der Gegenwart.

Das Buch „Der Morgen der Welt“ handelt unter anderem vom Austausch von Wissen, Ideen, und Praktiken, durch den sich die Renaissance formte. Sie war weitgehend eine Sache einer vorwiegen männlichen Elite. Doch veränderte, was jene kreativen Genies erdachten, die Welt für alle und dies grundlegend. Der Autor erwägt und rekonstruiert, wie die Renaissance möglich werden konnte und welche Folgen sie hatte. Dabei zählen die Pflege der Kunst der Konversation und mit ihr das „Prinzip Streit“ für Bernd Roeck zu den bedeutendsten Errungenschaften der Renaissance.

In der Renaissance entfaltete sich ein Dialog von einzigartiger Dimension

Bernd Roeck schreibt: „Renaissance, das heißt: Antikes in Fülle aufgreifen, es weiterdenken, Neues daraus entwickeln, schließlich das Alte überwinden. So gut wie alle Gebiete des Wissens erfuhren Umwälzungen.“ Und die Renaissance trieb die großflächige Eroberung scheinbar profaner Gebiet voran. Über die verschiedensten Medien, durch Bücher, Bilder, durch Predigten und Diskutieren, erfassten die „Gespräche“ alle nur denkbaren Gegenstände. Es entfaltete sich ein Dialog von einzigartiger Dimension, was Themen und Teilnehmerzahl anbelangt.

Was Freiheit ist und was die Würde des Menschen ausmacht, hat die Renaissance eingehender diskutiert als alle Zeiten davor. Einige der bedeutendsten Denker dieser Epoche bahnten denn auch einer großen Idee den Weg: dass Menschenrechte weder christlich noch muslimisch, weder europäisch noch asiatisch sind, sondern für alle Menschen gelten. Der Aufklärer Denis Diderot beobachtete erstaunt, dass sich die arroganteste aller Zivilisationen zugleich am radikalsten der Selbstkritik hingeben. Darin liegt laut Bernd Roeck vielleicht die größte Stärke des „Westens“ bis heute.

Der Morgen der Welt
Geschichte der Renaissance
Bernd Roeck
Verlag: C. H. Beck
Gebundene Ausgabe: 1304 Seiten, Auflage 2: 2018
ISBN: 978-3-406-69876-7, 44,00 Euro

Von Hans Klumbies