Das Thema Pornografie ist stark ideologiegeprägt

Timothy Garton Ash stellt fest: „Pornografie ist seit einem halben Jahrhundert eines der umstrittensten und meistdebattierten Themen in der westlichen Literatur über die Redefreiheit.“ Was ist Pornografie? Ist sie Kunst? Ist sie „Masturbationsmaterial“, wie die feministische Schriftstellerin Catharine MacKinnon verkündete? Ist sie Meinungsäußerung? Ist sie Hassrede? Übernimmt man die Definition von Ogi Ogas: „Alles, was die sexuellen Regionen in unserem Gehirn stimuliert“, dann erstreckt sie sich wahrscheinlich über den Großteil eines täglichen Männerlebens und über eine ordentliche Portion Kunstgeschichte. Im Gegensatz dazu definieren Catharine MacKinnon und Andrea Dworkin den Begriff enger als „die grausame, sexuell explizite Unter-Ordnung von Frauen durch Bilder und/oder Worte. Timothy Garton Ash ist Professor für Europäische Studien an der Universität Oxford und Senior Fellow an der Hoover Institution der Stanford University.

Weiterlesen

In der Ekstase tritt das Denken aus sich selbst heraus

Plotin strebte ein Synthese des antiken Denkens an und entwickelte so eine Metaphysik des Einen, welche die Einheit als Grund und Bedingung alles Seienden und alles Denkbaren versteht. Den Urgrund des Bedingten und der Vielheit, der selbst urbedingt und absolut sein muss, nennt Plotin „das Eine“. Plotins Philosophie befasst sich anders als die platonische nicht nur mit der Frage des Aufstiegs zum Göttlichen, sondern auch mit dem Problem, wie das Göttliche sich in die Einzeldinge entfaltet hat. Diese Entfaltung des Einen in die verschiedenen Stufen des Seins – das Weltganze, den Geist, die Seele, die Einzeldinge – beschreibt Plotin als Vorgang der Emanation. Plotin lebte von circa 204 bis 270 nach Christus und lehrte in Rom seine neuplatonische Philosophie, die an Wirkmächtigkeit den Lehren von Aristoteles und Platon nicht nachstand.

Weiterlesen

Der kulturelle Kapitalismus ersetzt den industriellen

In der Gesellschaft der Gegenwart wird nicht mehr das Allgemeine, sondern das Besondere erwartet. Andreas Reckwitz erläutert: „Nicht an das Standardisierte und Regulierte heften sich die Hoffnungen, das Interesse und die Anstrengungen von Institutionen und Individuen, sondern an das Einzigartige, das Singuläre.“ Diese Entwicklung hat die gesamte spätmoderne Ökonomie erfasst. Sowohl für materielle Güter wie für Dienstleistungen gilt, dass an die Stelle der Massenproduktion uniformer Waren jene Ereignisse und Dinge treten, die nicht für alle gleich oder identisch sind, sondern einzigartig, das heißt singulär sein wollen. Die spätmoderne Ökologie ist mehr und mehr an singulären Dingen, Diensten und Ereignissen ausgerichtet, und die Güter, die sie produziert, sind zunehmend solche, die nicht mehr rein funktional, sondern auch oder allein kulturell konnotiert sind und affektive Anziehungskraft ausüben. Andreas Reckwitz ist Professor für Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt / Oder.

Weiterlesen

Das Begehren gilt als die eigentliche Dynamik der Zivilisation

Der Begriff „Zivilisation“ bezeichnet eine Welt, die der Mensch mit seinen Händen geschaffen hat. Sie drängt die Natur so weit zurück, dass der Mensch in seiner Umgebung auf fast nichts mehr trifft, was nicht ihn selbst widerspiegelt. Terry Eagleton ergänzt: „Uns fällt es schwer, uns zu vergegenwärtigen, wie neu diese Art von Umwelt ist im Vergleich zu den weitgehend naturbestimmten Lebensweisen, die ihr vorausgingen.“ Terry Eagleton zweifelt nicht daran, dass das Bedürfnis nach einer Befreiung vom kollektiven Narzissmus einer der Gründe ist, warum der Natur in jüngerer Zeit ein so spektakuläres Comeback gelungen ist. Eine Welt, in der fast alles, mit dem man es zu tun hat, aus den Händen des Menschen stammt, scheint jeder Transzendenz entkleidet zu sein. Der Literaturwissenschaftler und Kulturtheoretiker Terry Eagleton ist Professor für Englische Literatur an der University of Manchester und Fellow der British Academy.

Weiterlesen

Es steht schlecht um den Homo oeconomicus

Zwei unvereinbare Menschenbilder geistern durch die westliche Vorstellung dessen, was eine Gesellschaft ist. Diese Menschenbilder können zu unterschiedlichen politischen Richtungen und Bewegungen führen. Philipp Blom erläutert: „Von diesen beiden – dem Homo oeconomicus und dem irrationalen Herdentier – ist Letzteres historisch wesentlich robuster.“ Die dünne Silhouette des rationalen Menschen zerbrach an der heimtückischen Weigerung der Gesellschaften dieser Welt, nach dem Mauerfall sich der liberalen Demokratie zuzuwenden und sich einem freien Weltmarkt anzuschließen. Historische Feindschaften, hartnäckige Traditionen, brutale Diktatoren, blutrünstige Ideologien, fundamentalistische Religionen und irrationale Impulse, Dummheit, alternative Sichtweisen und kluge Einsicht in lokale Besonderheiten haben in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl von Modellen und sozialen Visionen geschaffen. Philipp Blom studierte Philosophie, Geschichte und Judaistik in Wien und Oxford und lebt als Schriftsteller und Historiker in Wien.

Weiterlesen

Sex ist eines der wichtigsten Ziele im Leben vieler Menschen

Sex mit einer reizvollen Partnerin oder einem attraktiven Partner ist eines der wichtigsten Ziele im Leben vieler Menschen. Das macht biologisch Sinn. Nicht nur, weil es mit dem ursprünglichen Lebenssinn, der Fortpflanzung, verbunden ist. Und nicht nur, weil Menschen dabei so eine besondere Lust empfinden. Thomas Junker ergänzt: „Wenn es gelingt, mit einer begehrenswerten Person zu schlafen, dann ist das auch ein Beweis der eigenen Attraktivität. Wer auf dem Feld der Liebe punktet, dem ist soziale Anerkennung sicher.“ Weil Sex, zumal guter Sex mit der oder dem Richtigen, ein knappes Gut ist, kann er zu einem wertvollen Geschenk werden und zu einer Ware, die gegen andere Dinge eingetauscht wird. Thomas Junker ist Professor für Biologiegeschichte an der Universität Tübingen.

Weiterlesen

Einsamkeit kann tödlich sein

Die Einsamkeit kann jeden Menschen treffen. Und wer einsam ist, wird häufiger krank als andere. Im schlimmsten Fall kann Einsamkeit tödlich sein. Manfred Spitzer hat in seinem neuen Buch „Einsamkeit“ die neuesten Forschungsergebnisse ausgewertet und beschreibt, welchen gravierenden Einfluss die Einsamkeit auf den Körper und die Seele eines Menschen hat. Das Thema ist brandaktuell, da allein in Deutschland inzwischen rund 17 Millionen Menschen in Single-Haushalten leben. Für viele dieser Singles bedeutet ein solches Leben einen Zugewinn an Selbstbestimmung und Unabhängigkeit. Aber immer mehr von ihnen fühlen sich inzwischen auch einsam. Manfred Spitzer fordert die Einsamkeit nicht länger als „Nebensache“ abzutun. Denn sie ist gefährlicher als andere Krankheiten – sie ist die Todesursache Nummer eins in den westlichen Gesellschaften. Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer leitet die Psychiatrische Universitätsklinik in Ulm und das Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen.

Weiterlesen

Georg Pieper beschreibt die neurotische Gesellschaft

Eine wirklich angstvolle, neurotische Gesellschaft reagiert in akuten Situationen der Bedrohung eher panisch als besonnen. Als Psychologe weiß Georg Pieper, dass ein angstgeprägter Mensch sich schnell angegriffen fühlt und zurückschlägt. Aus psychologischer Sicht ist es seiner Meinung nach nicht auszuschließen, dass eine neurotische, von Angst gelenkte Gesellschaft mit einer entsprechenden politischen Führung aggressiv wird und schlechte Entscheidungen fällt. Die Gesellschaft in Deutschland driftet auseinander, diese beunruhigende und bedrückende Entwicklung verfolgt Georg Pieper schon länger. In den vergangenen Jahren wurde die Kluft zwischen Arm und Reich ständig größer und im sozialen Klima immer deutlicher spürbar. Nun treibt die Angst vor Terror und anderen Unsicherheiten weitere Risse durch die Gesellschaft und ist auf dem besten Wege, sie in unversöhnliche Fraktionen zu spalten. Dr. Georg Pieper arbeitet als Traumapsychologe und ist Experte für Krisenintervention.

Weiterlesen

Die Streitkultur ist die Suche nach einer gemeinsamen Wahrheit

Für Carlos Fraenkel ist die Philosophie nicht eine Anleiterin oder Trösterin, sondern eine Diskussionstechnik. Viele Menschen sind in moralischen, religiösen und philosophischen Fragen weit voneinander entfernt. Diese Differenzen, obschon frustrierend, können etwas Positives sein, wenn es gelingt, sie zum Ausgangspunkt einer produktiven Streitkultur zu machen. Carlos Fraenkel erklärt: „Die gemeinsame Suche nach der Wahrheit, denn genau das verstehe ich unter Streitkultur, bietet uns die Möglichkeit, die Überzeugungen und Wertvorstellungen zu prüfen, mit denen wir aufgewachsen sind und die wir meist für selbstverständlich halten.“ Das ist besser, als wenn man anderen die eigene Meinung aufzwingt oder sich in einer gleichgültigen Multikulti-Gesellschaft gemütlich einrichtet – so als wären die Unterschiede völlig unerheblich. Carlos Fraenkel ist James McGill Professor für Philosophie und Judaistik an der McGill University in Montreal.

Weiterlesen

Weise Menschen durchdenken ihre Erlebnisse

Das Lernen aus Erfahrungen ist ein Grundkennzeichen der Reflektion. Judith Glück weiß: „Weise Menschen durchdenken ihre Erlebnisse und ziehen Schlüsse aus ihnen, die sie zu besseren Menschen machen.“ Judith Glück wird immer wieder gefragt, ob man Weisheit nicht auch durch indirekte Erfahrungen wie etwa das Lesen von Büchern erlangen kann. Sie antwortet: „Zweifellos kann man sehr vieles durch Bücher, Medien und Gespräche lernen – es kommt ja immer wieder vor, dass uns ein Buch oder ein Satz, den jemand nebenbei gesagt hat, eine ganz neue Perspektive eröffnet.“ Eigenen Erfahrung – wenn es gelungen ist, sie gut zu bewältigen – ermöglicht es aber in ganz besonderem Maße, sich in andere Menschen in ähnlichen Situationen hineinzuversetzen und sie wirksam zu unterstützen. Judith Glück ist seit 2007 Professorin für Entwicklungspsychologie an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

Weiterlesen

Rationales Denken besteht nicht nur aus Logik

Der Begriff „Gedankengang“ bedeutet nicht, dass die menschlichen Gedanken fein säuberlich hintereinandergelegt werden wie Dominosteine. Oft vermischen sie sich wie die Farben in einem Lichtstrahl, die allmählich ineinander übergehen. Manchmal denkt man auch an gar nichts und nimmt nur äußere Reize auf. Manchmal bleibt man stecken, und der Geist dreht sich im Kreis. Dennoch ist der „Gedankengang“ für David Gelernter ein nützlicher Begriff, wenn man seine Grenzen kennt. In der Regel ist es für einen Menschen immer leichter, sich an eine Lösung für ein Problem zu erinnern, als eine neue zu konstruieren. Rationales Denken besteht nicht nur aus Logik, nicht nur daraus, alle Daten und Annahmen zu sammeln und damit weiterzukommen. David Gelernter ist Professor für Computerwissenschaften an der Yale Universität.

Weiterlesen

Martha Nussbaum beschreibt wichtige Facetten des Ekels

Martha Nussbaum schreibt: „Ekel ist eine starke Abneigung gegenüber Aspekten oder Teilen des Körpers, die als „animal reminders“ bezeichnet werden – das heißt Aspekten von oder Seiten an uns selbst, die uns daran erinnern, dass wir sterbliche und animalische Wesen sind.“ Seine primären Objekte sind Fäkalien und andere körperlichen Ausscheidungen, die Verwesung und Tiere oder Insekten, die schleimig, schmierig oder übelriechend sind bzw. anderweitig an die abgelehnten Körperflüssigkeiten oder -ausscheidungen erinnern. Der Kerngedanke des Ekels ist der an eine (potenzielle) Verunreinigung durch Kontakt oder Nahrungsaufnahme: Wer das Unedle, das Niedrige zu sich nimmt, zieht in das auf sein Niveau hinunter. Martha Nussbaum ist Philosophin und Professorin für Rechtswissenschaften und Ethik an der University of Chicago. Sie ist eine der einflussreichsten Philosophinnen der Gegenwart.

Weiterlesen

Bei guten Entscheidungen geht es um die bestmögliche Lösung

Wer gute Entscheidungen treffen will, muss sich von der Idee verabschieden, dass dies eine einsame Angelegenheit ist. Dennoch ist diese Idee immer noch insbesondere in Unternehmerkreisen weit verbreitet. Der Hirnforscher Ernst Pöppel ist davon überzeugt, dass Entscheidungen nur dann als gut empfunden werden, wenn die emotionalen Aspekte und Facetten beim Abwägen der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten mit einbezogen werden. Ina Schmidt erklärt: „Bei jeder guten Entscheidung geht es darum, den Rahmen des Möglichen einzubeziehen: Welche Gründe führen zu meiner Entscheidung, wer ist an meiner Entscheidung beteiligt, in welcher Situation befinde ich mich, und welche Konsequenzen erwarte ich von meiner Entscheidung?“ Ina Schmidt gründete 2005 die „denkraeume“, eine Initiative, in der sie in Vorträgen, Workshops und Seminaren philosophische Themen und Begriffe für die heutige Lebenswelt verständlich macht.

Weiterlesen

Der Wettbewerb ist bei der Bildung verloren gegangen

Bildungsinitiativen und Bildungsreformkonzepte aller Art scheinen gegenwärtig ungeachtet allfälliger ideologischer Differenzen in einem einig zu sein: Im Zentrum aller Bildungsanstrengung muss das Kind stehen, seine Talente sollen zum Blühen gebracht werden, für alle sollen die gleichen Chancen gelten, und niemand darf zurückbleiben. Konrad Paul Liessmann fügt hinzu: „Individualisierung und Inklusion sind deshalb die zentralen Schlagworte, die mittlerweile den Charakter von Glaubenswahrheiten angenommen haben, die keinen Widerspruch mehr erlauben.“ Das es einmal Aufgabe von Schulen gewesen ist, eine – im Idealfall an den kognitiven Leistungen des Einzelnen orientierte – soziale Selektion vorzunehmen, kann nur als Relikt einer finsteren Epoche gewertet werden. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann ist Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien und wissenschaftlicher Leiter des Philosophicum Lech.

Weiterlesen

Schon ein paar Schritte Richtung Weisheit können sehr bereichernd sein

Viele Menschen kennen nicht eine einzige Person, die sie als wirklich weise bezeichnen würden. Offensichtlich ist ein nicht so einfach, Weisheit zu entwickeln. Und ohne Zweifel gibt es auch wesentlich weniger steinige Wege zu einem recht glücklichen und zufriedenen Leben. Wenn man sich selbst nicht so hinterfragt, sich nicht zu intensiv mit den Problemen anderer Menschen und der Menschheit im Allgemeinen befasst, lebt es sich leichter und angenehmer, als wenn man auf dem Weg zur Weisheit immer alles in Frage stellen muss. Judith Glück ergänzt: „Und wenn wir diesen mühseligen Weg dennoch einzuschlagen suchen, könnte es sein, dass wir nicht allzu weit kommen, ehe wir wieder abbiegen. Aber schon ein paar Schritte können sehr interessant und bereichernd sein.“ Judith Glück ist seit 2007 Professorin für Entwicklungspsychologie an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.

Weiterlesen

Entspannungsübungen helfen gegen Ärger

Der gute Umgang mit einer ärgerlichen Situation beginnt am besten mit einer Selbstdiagnose, indem man sich folgende Fragen stellt: „Wie sehen meine eigenen Gewohnheiten aus? Neige ich zu problematischen Emotionsregulierungen? Praktiziere ich bereits hilfreiche Wege? Wenn nicht: Habe ich überhaupt eine Idee, wie die aussehen könnten?“ Entscheidend ist es laut Hans-Peter Nolting zunächst, seinen Ärger wahrzunehmen. Denn nur wer merkt, dass er verärgert ist, kann bewusst gegensteuern. Das Wahrnehmen des Ärgers ist nicht so selbstverständlich, wie es klingen mag. Vielleicht spürt man nur eine vage Unruhe oder Anspannung und nicht wirklich Ärger, Groll oder den Wunsch, es jemanden heimzuzahlen. Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

Weiterlesen

Der Mensch braucht sieben bis neun Stunden Schlaf

Julia Shaw betrachtet den Schlaf ganz allgemein als lästige Notwendigkeit. Wenn sie könnte, würde sie ihre nächtlichen Auszeiten gänzlich überspringen. Noch frustrierender ist für sie, dass sich die Wissenschaftler noch nicht einmal ganz sicher sind, warum die Menschen den Schlaf überhaupt brauchen. Allerdings weiß man inzwischen, wieviel Schlaf man benötigt, nämlich sieben bis neun Stunden. Julia Shaw ergänzt: „Wir wissen, wie er sich anfühlt, aufgeteilt in Phasen fast ohne jedes Bewusstsein und solche mit lebhafter Halluzination.“ Die Forscher wissen auch, unter welchen Umständen er sich am wahrscheinlichsten einstellt: bei völliger Stille und kühler Dunkelheit. Die Biopsychologen Gordon Feld und Susanne Diekelmann von der Universität Tübingen erklären: „Träumen ist ein Zustand aktiver Informationsverarbeitung, der für das ordnungsgemäße Funktionieren von Lernen und Gedächtnis unerlässlich ist.“ Die Rechtspsychologin Julia Shaw lehrt und forscht an der London South Bank University.

Weiterlesen

Manipulative Tricks sind dreimal wirksamer als rationale Argumente

Wo es um Beeinflussung und Überzeugung geht, wird immer manipuliert. Diese These vertritt Johannes Steyrer in seinem neuen Buch „Die Macht der Manipulation“. Einer ist dabei obenauf, der andere hat das Nachsehen. Der Strategieprofi Johannes Steyrer schärft bei seinen Lesern die Wahrnehmung kleiner und großer Manipulationen. Wer sich die dahinter liegenden Prozesse bewusst macht, ist in der Lage, sie für sich selbst vorteilhafter zu gestalten. Denn manipulative Tools, Tipps, und Tricks sind dreimal wirksamer als rationale Argumente. Wer sie anwendet, erscheint auf einen Schlag um 20 Prozent sympathischer und erhöht den Anteil derer, die ihm in einer misslichen Lage helfen, um das Dreifache. Seine Erkenntnisse verknüpft der Autor mit amüsanten Geschichten des Alltags und belegt sie mit aktuellen Forschungsergebnissen aus der Psychologie und der Wirtschaftswissenschaften. Johannes Steyrer ist seit 1997 Professor für Organizational Behavior an der Wirtschaftsuniversität Wien.

Weiterlesen

Die Weisheit der Vielen trifft nur manchmal zu

„Einstimmig“ klingt beruhigend. Wenn eine Jury einstimmig zu einer Entscheidung gekommen ist, nimmt man an, dass der Fall klar war. Und wenn Einstimmigkeit keine Option ist, würden die meisten Menschen die Mehrheit jederzeit der Minderheit vorziehen. Tali Sharon ergänzt: „Eine Lösung, die von der Mehrheit favorisiert wird, klingt sofort besser als eine, die von der Minderheit bevorzugt wird.“ Viele Menschen glauben, dass sie bessere Entscheidungen fällen, wenn sie auf die Weisheit der vielen achten und sich deren Credo zu eigen machen. Eine allgemein akzeptierte Meinung lautet: Je mehr Köpfe an einer Entscheidung beteiligt sind, desto besser – und zwar egal, ob es sich um die Entscheidung für eine Geschäftsstrategie oder die Speisenfolge eines Abendessens handelt. Tali Sharot wurde an der New York University in Psychologie und Neurowissenschaften promoviert und ist Professorin am Institut für experimentelle Psychologie der University of London.

Weiterlesen

Ein Mensch sollte seinem Körper gegenüber Geduld aufbringen

Michel de Montaigne (1533 – 1592) geht das Leben lockerer an als beispielsweise Diogenes und Epikur, indem er als praktische Antwort auf sein theoretisches Zweifeln seiner persönlichen Vorlieben zur Richtschnur seines Umgangs mit sich selbst und seiner Gesundheit macht. Ein bedürfnis- und empfindungsreicher Umgang mit Krankheiten verlangt allerdings, dass ein Mensch seinem Körper gegenüber Geduld aufbringt. Ludger Pfeil erklärt: „Wir sollten den jeder Unpässlichkeit eigenen Lebenszyklus von Entstehung, Entfaltung, Höhepunkt, Abklingen und Vergehen nicht zu beschleunigen suchen.“ Michel de Montaigne will „den Krankheiten Durchlass gewähren“ und glaubt, dass sie dann weniger hartnäckig und von kürzerer Dauer sind, wenn sie nicht behandelt werden. Der Philosoph Dr. Ludger Pfeil machte nach seinem Studium Karriere in der Wirtschaft als Projektleiter und Führungskraft und ist als Managementberater tätig.

Weiterlesen

Ungleichheit wird immer weiter vererbt

Viele Funktionäre, die in der Wirtschaft tätig sind und zahlreiche Ökonomen betonen gern, wie sehr eine Marktwirtschaft der Gegensätze bedarf. Wer wenig verdient, wird durch erfolgreiche Vorbilder angespornt und steigert dadurch das Wirtschaftsprodukt. Wer in einer Villa wohnt, darf daher nicht durch hohe Steuern belastet werden, denn das mindert die Leistungsbereitschaft aller. Aus dieser Sicht ist finanzielle Ungleichheit kein Problem, sondern ein Anreiz. Alexander Hagelüken kritisiert: „Viele Wirtschaftsfunktionäre und Ökonomen gehen aber zu weit, weil sie Ungleichheit gleich zum Mantra erfolgreicher Marktwirtschaften erheben.“ Sie sehen nur die glänzenden Oberflächen, nicht die Ambivalenz der Ungleichheit. Sie konzentrieren sich auf Ungleichheit als Anreiz und vernachlässigen, wie sehr zu große Ungleichheit zum Problem wird. Alexander Hagelüken ist als Leitender Redakteur der Süddeutschen Zeitung für Wirtschaftspolitik zuständig.

Weiterlesen

Selbstkompetenz ist wichtiger als Medienkompetenz

In seinem Buch „Digitale Hysterie“ hat Georg Milzner darauf hingewiesen, dass Selbstkompetenz heute wichtiger sein muss als Medienkompetenz. Die Angleichung an den Rhythmus der Maschinen setzt seiner Meinung nach fundamentale menschliche Prozesse außer Kraft oder blockiert, stört oder verhindert die Herausbildung dessen, was man ein „reifes Selbst“ nennt. Doch wer meint, das Fehlen von Selbstaufmerksamkeit und Selbstkompetenz lasse sich ausschließlich mit Smartphone und Co. erklären, verkennt, dass das Problem in seinen Wurzeln viel älter ist. Der Kunsthistoriker Jonathan Crary verortet den Ursprung der Probleme mit der Aufmerksamkeit in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: „Einerseits versprach das Maschinenzeitalter neuartige Chancen der Selbstpräsentation und des schnellen Geldmachens, andererseits schuf die ständig anwachsende Summe an Möglichkeiten ein neuartige Atmosphäre der Überreizung.“ Georg Milzner ist Diplompsychologe und arbeitet in eigener Praxis als Psychotherapeut.

Weiterlesen

Heimat ist die Sehnsucht nach einer Utopie

So fest sie steht, so fahrlässig kann Heimat auch verloren gehen. Christian Schüle schreibt: „In ihrer Abwesenheit ist Heimat expliziter anwesend als in der Unmittelbarkeit ihrer Anwesenheit.“ So gesehen ist Heimat eine Sehnsucht, nicht eigentlich ein Ort, sondern eine Utopie. Was als Gegenstand einer Sehnsucht ein entsprechend starkes Gefühl ausbildet, generiert Wert. Die Werthaltigkeit der Heimat besteht dann in der Bindung des Menschen an einen spezifischen Ort, eine Landschaft, eine Gegend, eine Stadt, an die er sich immer wieder erinnert – genauer: erinnern muss. Heimat kann das schon immer Gegebene sein, das man zeitlebens wieder sucht, dass man immer wieder auffindet und irgendwann vielleicht nicht mehr findet. Seit dem Sommersemester 2015 lehrt er Kulturwissenschaft an der Universität der Künste in Berlin.

Weiterlesen

Das Leben nahm seinen Anfang vor 3,8 Milliarden Jahren

Das Leben – zumindest in der Form, von der die Menschen abstammen – nahm offenbar seinen Anfang vor etwa 3,8 Milliarden Jahren und damit lange nach dem berühmten Urknall. Antonio Damasio erläutert: „Es geschah in aller Stille auf dem Planeten Erde unter dem Schutz der Sonne in der großen Region der Milchstraße.“ Vorhanden waren damals bereits die Kruste der Erde, ihre Ozeane, ihre Atmosphäre, besondere Umweltbedingungen wie eine geeignete Temperatur und bestimmte lebenswichtige Elemente: Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Phosphor und Schwefel. Von einer Membranumhüllung geschützt, entwickelten sich mehrere Prozesse innerhalb einer abgegrenzten Region der Ungleichheit, die Wissenschaftler als Zelle bezeichnen. Antonio Damasio ist Professor für Neurowissenschaften, Neurologie und Psychologie an der University of Southern California und Direktor des dortigen Brain and Creative Institute.

Weiterlesen

Die Philosophie kennt die Wege zum einfachen Leben

Im Titelthema beschäftigt sich das neue Philosophie Magazin 03/2018 mit der Frage warum das scheinbar einfache Leben so kompliziert ist, obwohl es sich so einfach anhört. Die meisten Menschen denken dabei an Gelassenheit, geistige Weite und an eine Existenz, die ihre Freiheit in der Beschränkung findet. Das einfache Leben verspricht Balance, Übersicht und einen Halt in einer Welt die immer unübersichtlicher zu werden scheint. Doch viele, die schon einmal versucht haben, ihr Dasein auf die einfachen Dinge des Lebens zu reduzieren, sind an den Realitäten des Alltags oder an sich selbst gescheitert. Die Philosophie kennt drei Wege zum einfachen Leben: Erstens führt nur die Übung einen Menschen zur Leichtigkeit. Das zweite Geheimnis einer erfüllten Existenz ist die Leere. Die dritte Voraussetzung ist die der Selbsterkenntnis.

Weiterlesen