Im 18. Jahrhundert beginnt die moderne Zeit

Das 18. Jahrhundert ist von den Zeitgenossen und später von Historikern als eine Epochenwende und als Beginn der modernen Zeit empfunden worden. Das Deutsche Reich war seit dem Dreißigjährigen Krieg in eine Vielzahl von kleinen und kleinsten Territorien zersplittert und war in seiner Form weit von einem modernen Staat entfernt. Neben über dreihundert souveränen Territorien gab es eine Fülle von halbautonomen Gebieten und Städten, die eine kaum zu entwirrende Parzellierung des Reichsgebietes bewirkt hatten. Die Reichsgewalt des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation lag zwar bis zum Jahr 1806 beim deutschen Kaiser, sie war aber auf ganz wenige Rechte beschränkt und hatte eine mehr symbolische Bedeutung. Die wichtigen politischen Entscheidungen lagen bei den Territorialstaaten, die ihre Gesetzgebung, Gerichtsbarkeit, Landesverteidigung, Polizeigewalt und so weiter unabhängig von der Reichsgewalt ausübten.

Das Bürgertum sollte die Moderne prägen

Die unzähligen Miniaturpotentaten konnten ihre aufwändige Hofhaltung nur durch die rücksichtslose Auspressung ihrer Untertanten aufrechterhalten. Tatsächlich waren die Lebensbedingungen der Bevölkerung mehr als dürftig. Bedrückt von feudalen Lasten und Willkür, besaßen die Bauern, die zum großen Teil noch Leibeigene ihrer jeweiligen Herren waren, kaum mehr als das Lebensnotwendige, oft sogar, wenn Missernten dazukamen, noch weniger. Auch in den großen Staaten wie Preußen und Sachsen sah es nicht viel besser aus.

Aber im Schoß der feudalen Gesellschaft regten sich neue ökonomische Kräfte und es bildete sich eine neue soziale Schicht heraus, die die Moderne prägen sollte: das Handel treibende und Kapital besitzende Bürgertum, das sich vor allem in den Städten entwickelte. Zwar war dieses Bürgertum noch schwach und zahlenmäßig klein, aber es machte doch deutlich, dass der Feudalismus sich zu zersetzen begann. Die Verschiebung der Kräfte im Verhältnis der einzelnen Stände zueinander brachten Spannungen in die seit dem Mittelalter hierarchisch gegliederte Pyramide der Stände.

Die Aufklärung war eine gesamteuropäische Bewegung

Im 18. Jahrhundert zeigten sich die Spannungen vor allem als Konfrontation zwischen Adel und Bürgertum. Die Bürger waren nicht länger gewillt, die politische und kulturelle Vorherrschaft des Adels, der nur einen verschwindend kleinen Bruchteil der Gesamtbevölkerung ausmachte, als gottgegeben und unveränderlich hinzunehmen. Sie meldeten ihren eigenen Anspruch auf Souveränität an. Berufen konnten sie sich dabei auf die Aufklärung, die das feudale Weltbild von Gottes Gnaden durch ein neues, sich auf Vernunft gründendes Denken ersetzen wollten.

Die Aufklärung war eine gesamteuropäische Bewegung, die von ihren einzelnen Vertretern unterschiedlich definiert wurde. Ihre Grundsätze lauteten: Berufung auf die Vernunft als Maßstab des persönlichen und gesellschaftlichen Handelns, Hinwendung zum Diesseits, positives Menschenbild, Gleichheit aller Menschen, Einforderung der Menschenrechte für alle Menschen, Religionskritik und Fortschrittsglauben. Diese Grundsätze griffen auf Deutschland zwar relativ spät über, wurden aber auch hier zu einem zusammenhängenden Gedankengebäude, auf das das Bürgertum seinen Anspruch auf Emanzipation gründete. Quelle: „Deutsche Literaturgeschichte“ aus dem Verlag J. B. Metzler

Von Hans Klumbies