Alle Gläubiger müssen in einer Schuldenkrise zahlen

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Claudia Buch fordert, dass auch die privaten Gläubiger der verschuldeten Staaten wie Griechenland, Portugal oder Irland an den finanziellen Lasten beteiligt werden. Sie sagt: „Wenn die Anleger nie ein Risiko eingehen, könnte es künftig eine Schuldenkrise nach der anderen geben.“ Deutschland muss ihrer Meinung nach nicht nur wegen seiner hohen Exporte ein fundamentales Interesse an der politischen und wirtschaftlichen Stabilität in Europa haben. Diese kann es allerdings nur dann geben, wenn die übermäßige Verschuldung einzelner Länder eingedämmt wird. Claudia Buch sagt: „Künftige Hilfen der Gemeinschaft müssen eine Ausnahme sein. Sie dürfen nur vorübergehend innerhalb eines geordneten Insolvenzverfahrens und nur nach Einbindung der privaten Gläubiger gewährt werden.“ Neben ihrer Arbeit an der Universität Tübingen ist Claudia Buch Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium.

Die Gläubigerhaftung muss klarer als bisher geregelt werden

Laut Claudia Buch kann es auch in Zukunft zu Zahlungskrisen kommen, wenn sich einzelne Mitgliedsländer der Europäischen Union mehr im Ausland verschulden, als es ihrer Wirtschaftsleistung entspricht. Sie erklärt: „Um dies zu vermeiden und die richtigen Ansätze zu setzen, muss die Gläubigerhaftung, also die Beteiligung der Gläubiger bei Zahlungsausfällen, klarer als bislang geregelt werden.“ Erst wenn sich ein Staat mit seinen Gläubigern über deren Beteiligung an einer Umschuldung geeinigt hat, darf es finanzielle Hilfen von anderen EU-Staaten geben und dann auch nur als Kredite, die nicht subventioniert worden sind.

Claudia Buch beklagt den momentanen Umgang der Politik mit der Finanzkrise: „Werden Finanzhilfen gewährt, ohne dass die Gläubigerhaftung greift, profitieren Gläubiger und Schuldner zu Lasten Dritter, nämlich der Steuerzahler, die für die Finanzhilfen gerade stehen.“ Vor allem die Gläubiger profitieren, weil ihre Forderungen gesichert werden. Sie haben deshalb auch kaum einen Anreiz, für die Wirtschaftspolitik ihres Schuldnerlandes mehr Disziplin zu fordern.

Die überragende Bedeutung des „no-bail-out“-Prinzips

Die Wirtschaftswissenschaftlerin lobt die Gründungsväter der Europäischen Währungsunion, die mit gutem Grund das „no-bail-out“-Prinzip von zentraler Bedeutung angesehen haben. Claudia Buch erklärt: „Kein Mitglied der Währungsunion sollte verpflichtet sein, anderen Mitgliedern Finanzhilfen zu geben.“ Der wichtige Währungsraum der USA funktioniert ihrer Meinung nach schon seit Jahrzehnten, trotz großer realwirtschaftlicher Unterschiede innerhalb des Landes, weil dort das „no-bail-out“-Prinzip eingehalten wird.

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt ist gemäß Claudia Buch zu einem stumpfen Schwert geworden und muss dringend geändert werden. Sie fordert: „Auf nationaler Ebene sollten Schuldenbremsen eingeführt werden. Die Androhung von Sanktionen sollte durch die Einführung „umgekehrter Mehrheitsentscheidungen“ glaubhafter gemacht werden, das heißt Sanktionen gelten automatisch, es sei denn eine Mehrheit der Mitgliedsländer lehnt sie ab.“

Von Hans Klumbies